Der Laie versteht's, der Minister nicht

Zum Artikel "Gericht straft Justizminister Bamberger ab" (TV vom 7. Januar):

Eigentlich müsste Justizminister Heinz Georg Bamberger nach Lesen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes in Sack und Asche gehen. Auf 25 Seiten werden ihm ein Verfassungsverstoß und gravierende Defizite bei der Ernennung von Ralf Bartz zum Oberlandesgerichtspräsidenten vorgehalten.

Da wirkt jeder Satz wie eine schallende Ohrfeige. Einen Verfassungsverstoß hatte bereits das Bundesverfassungsgericht dem Minister bescheinigt. Dass Entscheidungen eines Justizministers von höchsten deutschen Gerichten so massiv gerügt und vom Bundesverwaltungsgericht kassiert wurde, das hat es in der deutschen Rechtsgeschichte noch nicht gegeben.

Nach Auffassung der Bundesrichter erfolgte die Ernennung von Bartz unter gravierender Missachtung verfassungsrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Normen. Die vom Minister getroffene Auswahl verwarfen die Richter als rechtsfehlerhaft, "weil sich Bamberger kein tragfähiges Bild über die dienstliche Tätigkeit des Bewerbers Bartz verschafft habe". Die blitzartige Ernennung 21 Minuten nach Entscheidung des OVG Koblenz bewerten die Richter als klaren Verfassungsverstoß. Bamberger habe dem Mitbewerber trotz Warnung den in der Verfassung garantierten Rechtsschutz genommen. Auch könne sich Bamberger nicht auf den Grundsatz der Ämterstabilität (einmal ernannt, immer ernannt) berufen. Dies habe sich spätestens seit einem Urteil des BVerfG vom 28. April 2005 geändert. "Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Mitbewerber die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte", so steht es im Urteil.

Das begreift selbst der Laie. Nur Bamberger begreift es nicht. Sein Kandidat Bartz muss nun nach dreieinhalb Jahren den Sessel räumen und ist in Juristenkreisen schwer beschädigt. Schwer wiegt auch die Diskriminierung des Mitbewerbers Graefen, der dieses Urteil mit langem Atem erstritt. Für Bamberger ist das Urteil halt "neuere Rechtsprechung", dabei disqualifiziert es ihn als Justizminister. Seine nachträgliche Bewertung, wohl als Schelte für die Leipziger Richter gedacht, macht ihn erst recht untragbar. Aber mit dieser hanebüchenen Interpretation lässt sich die Sache mit Unterstützung von Kurt Beck zumindest bis zur Landtagswahl locker aussitzen. Da kann die rheinland-pfälzische CDU für den Fall Billen nur von lernen.

Walter Ludwig, Föhren

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