Gesellschaft Der Schrei nach Vernunft

Zum Artikel „Reiche werden nicht mehr reicher“ (TV vom 10. Juli) schreibt Heinz Erschens:

Mit Erschrecken musste ich lesen, dass das Vermögen der Millionäre sich 2018 nicht mehr vermehrt hat, ja sogar um 1,1 Prozent geschrumpft ist. Mit Sorgenfalten machte ich mir Gedanken, ob jetzt so manche Luxusjacht versteigert wird. Müssen sich nun die Betroffenen des Geldadels einen neuen Lebensinhalt suchen, sei es Flaschen sammeln oder Hartz IV?! Da dem nicht so ist, hält sich mein Mitleid in Grenzen.

Scheinbar ist die Geldwirtschaft beim Tanz ums Goldene Kalb nur aus dem Takt gekommen. Geld hat die Tauschwirtschaft abgelöst und ist der abstrakte Stellvertreter des Menschen für all seine Bedürfnisse. Die Bedürfnisse des Menschen sind unbegrenzt, weil immer neue hinzukommen und das Geld die Rangordnung bestimmt. Somit ist das Geld vom Diener des Menschen zum Herrscher über den Menschen mutiert.

Es steht jedem frei, so viel Geld wie möglich zu horten, sofern man es hat. Das Problem ist nicht die Ansammlung von Kapital, sondern das, was man daraus macht. Der Allmacht des Geldbesitzers sind keine Grenzen gesetzt. Keine Religion oder Ideologie ist in der Lage, die menschliche Fixierung auf Reichtum und Geld zu zerstören. Das lässt erkennen, dass Vermögen und Geld nicht in der Lage sind, über Gesinnung zu entscheiden.

Jedoch gibt es eine permanente, unbestimmte Angst, es könnte irgendwann nicht mehr genug sein, die existentielle Sorge ums Überleben zwingt manchen der Reichen, auf Entscheidungsträger Einfluss zu nehmen, um Entscheidungen in seinem Sinn zu fällen, damit die Geldanhäufung ungehindert weitergehen kann. Das darf Vermögende aber nicht hindern, diverse Lernerfahrungen zu sammeln, damit der Griff auf die heiße Herdplatte nicht getan wird. Er muss wissen, dass gerade sein Handeln für die Menschheit enorme Auswirkungen haben kann.

Der Schrei nach Vernunft wird nicht verstummen. Bis die Vernunft dann wahrscheinlich eine totalitäre Vernunft ist.

Heinz Erschens, Kell am See

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