Deutsches Trauma

Zum Artikel "Bundestag erlaubt weiteres in Jahr in Afghanistan" (TV vom 29./30. Januar):

Vor wenigen Tagen haben unsere Bundestagsabgeordneten - wenn auch mit dem Weichspüler "Rückzugsoption" - dem weiteren Kochwaschgang der Bundeswehr in der Wäschetrommel am Hindukusch zugestimmt. Die Antworten auf die folgenden Fragen ergeben sich aus den weit übereinstimmenden Analysen der Fachleute:

Kann diese kriegerische Auseinandersetzung militärisch und strategisch gewonnen werden? Nein. Ist der eliminierte "Aufständische" immer der Terrorist, der unsere Sicherheit in Deutschland oder im "Westen" bedroht? Nein. Ist Afghanistan das einzige und letzte Land der zu bezwingenden Bösewichter? Nein. Ist die Lage für die Hilfsorganisationen und Selbsthilfeprojekte seit dem Kriegseintritt der Bundeswehr sicherer oder besser geworden? Nein. Haben Opfer und Leid durch Gewalt abgenommen, und konnten die Deutschen das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen? Nein.

Diese Fragereihe ließe sich beliebig fortführen, und dennoch beantwortet der Bundestag mit breiter Übereinstimmung die Sinnfrage mit einem "Ja" und befürwortet damit auch die Fortsetzung einer Leidensgeschichte für Soldaten und Opfer aller Seiten.

Wir ehren zu Recht die Gefallenen und verletzten Soldaten, denn sie erfüllen einen Auftrag. Aber zugleich müssen wir als Bürger kritisch den Aufbau einer zunehmend emotional entfremdeten, erkauften "Berufsarmee" begleiten, die überall kämpfen kann und dann fadenscheinigen nationalen oder gar internationalen Sicherheitsinteressen in fernen Ländern ihren todbringenden Dienst erweist.

Es ist gut für uns, das deutsche Trauma von Krieg, Opfern und Leid, vom Töten und getötet werden, von Angriffsbefehlen und Gefecht ganz tief in der Volksseele zu bewahren und als Mitgefühl des Wählers in politische Entscheidungsprozesse einer globalisierten Welt einzubringen.

Gundolf Bartmann, Trier

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