Leserbrief Die Hochwasser-Katastrophe und der schläfrige Staat

Ursachen der Flut-Katastrophe

Zu „Kam die Unwetterwarnung zu spät für die Menschen?“ (TV vom 27. Juli) und weiteren Artikeln zur Flut:

Stimmt, auf das Wetter haben weder Bürgermeister, Landräte noch die Regierenden in Mainz und Berlin Einfluss. Die Alarmierungsabfolgen müssen sie vorgeben, Informationen geben, die erforderlichen Umsetzungen anordnen. Auch die rechtzeitige Alarmierung der Bürger ist ihre Sache. Denn hiervon hängen Leben ab. Aber da reden offensichtlich zu viele Gremien und Institutionen mit, die meist zu weit weg sind vom Katastrophengebiet und häufig nicht mal wissen, wer zuständig und was zu tun ist.

Doch ein sehr wichtiger Punkt wurde außer Acht gelassen: die spärlich bis gar nicht durchgeführten, aber unbedingt erforderlichen routinemäßigen Kontrollen und das folgende frühzeitige reinigende Öffnen der Durchlässe sowie das Entfernen von Hindernissen aus Fluss- und Bachläufen. Dies ist nicht nur ein Hinweis an die Kommunen, deren Gelder ständig gekürzt und deren Aufgabengebiete ständig vergrößert werden (zum Beispiel durch die Zusammenlegung der früheren Verbandsgemeinden).

Die versiegelten Flächen nehmen seit Jahren zu, viele Abläufe aber haben Dimensionen von vor  50 bis 70 Jahren. Zu deren Bauzeit reichte die Größe der Durchlässe, heute – mit den wachsenden Wohngebieten und Asphaltflächen – aber nicht mehr, weil immer mehr Wasser durch die zu kleinen Kanal-Nadelöhre abfließen muss. So scheinen nur noch wenige Kanäle auf ihren freien Wasserquerschnitt überprüft zu werden. Querstehende Hölzer in Bächen werden – weil Personal fehlt — nicht mehr weggeräumt, oder die Bäume dürfen wegen des Umweltschutzes nicht mehr ganzjährig geschlagen werden. Vorbeugende Begehungen entlang der Flussläufe und Überprüfungen der Maßnahmen finden wohl nicht mehr oft statt.

Erst wenn die Katastrophe passiert ist, werden die Verantwortlichen für kurze Zeit vor Ort aktiv, hoffen, dass sich ein solches Ereignis nicht wiederholt und gehen dann wieder ihrem business as usual nach. Man überlässt die Bürger, die in Bachnähe wohnen, wieder ihrem Schicksal. Die Hilfe-Statements der Verantwortlichen sind Lippenbekenntnisse. Man steht sogar noch mit vielen Begleitpersonen den Arbeiten im Wege. Es ist  eben Wahlkampf! Auch die Koordination des Soforthilfe-Wildwuchses scheint nicht möglich. Wenn die Eigen- und Nachbarschaftsinitiativen nicht wären, würde die Hilfen noch lange auf sich warten lassen. Den Soldaten, Nachbarn, oft weitangereisten Helfern und Hilfsorganisationen sei hier einmal ausdrücklich gedankt.

Vielleicht überlegt die Politik einmal, etwas mehr Geld für ein funktionierendes Land bereitzustellen und es nicht nur ins Ausland zu geben. Würde die Politik etwas mehr wie die Industrie handeln, hätten wir ein wunderbar gesegnetes Deutschland.

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