Eher ein Kavaliersdelikt
Um Aufklärung geht es doch wohl nicht, wenn der TV der angeblichen Geschwindigkeitsüberschreitung des Bundestagsabgeordneten Peter Raunen etliche mehrspaltige Artikel widmet, zum Teil mit reißerischen Überschriften ("Rasender Rauen im Visier des Staatsanwaltes").
Für die Aufklärung des Sachverhaltes ist das Amtsgericht Bonn zuständig, wo der Fall gut aufgehoben ist. Auch die Schwere der Tat dürfte eine solche Berichterstattung kaum rechtfertigen, zumal Geschwindigkeitsüberschreitungen als Ordnungswidrigkeiten - übrigens ebenso wie die Schwarzarbeit - in der öffentlichen Meinung eher als Kavaliersdelikte gelten, obwohl sie das natürlich nicht sind. So ist es wohl ein gut Teil Sensationsberichterstattung, wenn der TV dem Fall soviel Aufmerksamkeit widmet. Da nimmt es nicht Wunder, wenn bei dieser Art von Vorverurteilung die Geister, die man rief, sich in Form von Leserbriefen zu Wort melden, dem Abgeordneten Charaktermängel unterstellen und drakonische Strafen fordern. Zugegeben, im Journalismus liegt der Boulevard-Stil im Trend. Persönlichkeitsrechte zählen dabei ebenso wenig wie die Unschuldsvermutung, die auch für ein Mitglied des Bundestages gelten sollte. Dennoch sei die Frage erlaubt: Muss man tatsächlich ein extrem dickes Fell haben, wenn man ein hohes öffentliches Amt bekleidet, oder wäre bei der Berichterstattung nicht etwas mehr Seriosität angebracht? Hans-Hermann Kocks, Trier Anm. d. Red.: Hans-Hermann Kocks ist Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Trier.