Leserbrief Ein bisschen Bio-Karotten reichen nicht

Flutkatastrophe

Zum Interview „Mehr Klimaschutz oder mehr Klimakrise“ (TV vom 26. Juli) sowie weiteren Artikeln zu den Ursachen der Flutkatastrophe:

Ob die Flutkatastrophe eine lebensveränderte Bewusstseinserweiterung bei einigen bewirkt; kann ich nicht beurteilen. Erstaunlich ist; wie schnell durch die Flut­ereignisse eine drohende Klimakatastrophe wieder Thema ist. Eine grundsätzliche Veränderung des Verhaltens wird nun von vielen gefordert. Dabei geht es aber nicht nur um ein bisschen Bio-Karotten, Energiesparlampen oder ein fair gehandeltes T-Shirt. Es geht um Lebensstil und Konsum.

Das Thema Klimawandel gehört inzwischen zum Standartrepertoire eines jeden Politikers. Alle betonen, dass die Klimaziele einzuhalten sind und als wichtig erachtet werden. Schade nur, dass man bisher damit keine Wahlen gewinnen konnte. Ich glaube auch nicht, dass Machtpolitiker aller Parteien (auch der Grünen)  hundertprozentig hinter dem stehen, was sie sie sagen. Realpolitik und Schaufensterreden sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Vieles von dem, was diskutiert wird, ist nicht wirklich fundiert und belegt.

Der ehemalige Weltbankchef Nicholas Stern rechnete damit, dass die Bekämpfung des Klimawandels jährlich ein Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts kosten würde, die Schäden des Klimawandels dagegen das Fünf- bis Zwanzigfache. Der IPCC-Report des UN-Klimarates besagt, dass nur noch 15 Jahre bleiben würden, um Schlimmes zu verhindern. Mit solch abstrakten Zahlen lassen sich Wirtschaftslenker nicht zum Nachdenken zwingen.

Es müssen schon erkennbare Tatsachen auf den Tisch, wie die Zerstörung New Orleans durch den Hurrikan Katrina oder die aktuelle Flutkatastrophe in Deutschland und in den Benelux-Staaten. So etwas wirkt nach und ist eine Steilvorlage für den Klimaschutz. Jeder will plötzlich unbedingt mindestens ein bisschen die Welt retten, aber dabei auf nichts verzichten. Dazu gehören auch Latte-Macchiato-Trinker, die in der Weltgeschichte rumfliegen, um dort dem sanften, nachhaltigen und ökologischen Tourismus zu frönen. Was das auch immer sein soll.

Aus meiner Sicht steht das Auto im Zentrum, wenn sich Politiker um Klimaschutz streiten. Absichtserklärungen zur CO2-Einsparung gibt es zuhauf. Leider wird die Flutkatastrophe wohl zerredet werden. Man muss die bisherigen Parlamentsdebatten nur Revue passieren lassen, um das zu prognostizieren. Meine Gedanken sind bei den Opfern der Flutkatastrophe, die jetzt ihre Kraft nicht nur zur Schadensbeseitigung, sondern auch im Kampf mit den Versicherungen einsetzen müssen.

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