Leserbrief Einsparungen bei Spitzen-Gehältern wären ein Zeichen christlicher Bescheidenheit und Demut

Katholische Kirche

Zum Artikel „Millionenschweres Sparpaket: Finanzlage im Bistum dramatisch“  (TV vom 11. Oktober):

Dem im Internet zu findenden Geschäftsbericht des Bistums Trier für das Jahr 2020 (www.bistum-trier.de) ist zu entnehmen, dass der Jahresabschluss 2019 zum 31. Dezember 2019 u.a. ein Anlagevermögen von 906,1 Millionen Euro – in Zahlen 906 100 000  Euro – - angibt. Im Vorjahr betrug das Anlagevermögen „lediglich“ 855,9 Millionen Euro. Die beiden größten Positionen bildeten die Sachanlagen mit 169,7 Millionen Euro und die Finanzanlagen mit 716,6 Millionen Euro.

Der Bischöfliche Stuhl zu Trier verfügte zum 31. Dezember über ein Anlagevermögen von 128,5 Millionen  (Vorjahr: 125,9 Millionen) Euro. Die Sachanlagen betrugen 37,3 Millionen, die Finanzanlagen 91,2 Millionen Euro. In offiziellen Verlautbarungen des Bistums wird allerdings immer nur auf das auf der Seite der Passiva ausgewiesene Eigenkapital des Bistums von lediglich 294,8 Millionen  Euro verwiesen. Das Geschäftsjahr 2019 hat das Bistum Trier mit einem Verlust von 25,8 Millionen  Euro (Vorjahr 30,0 Millionen Euro) abgeschlossen.

Natürlich wird auf der Website des Bistums unter „Warum braucht die Kirche Rücklagen und Reserven?“ erläutert, dass diese als „Risikopuffer“ und für spezielle Projekte und Verpflichtungen benötigt werden. Hier soll daher die beruhigende Botschaft vermittelt werden, dass auch bei zukünftigen jährlichen Verlusten ein gut dimensionierter, wachsender Puffer vorhanden ist – wobei die Notwendigkeit von Einsparungen nicht bestritten wird.

Allerdings ist es unverständlich, dass im Hinblick auf mögliche Sparmaßnahmen als erste die eventuellen Schließungen von Kindergärten und Schulen in katholischer Trägerschaft erwähnt werden.

Man sollte auch bei den Personalkosten – laut Artikel „der größte Batzen“ von 190 Millionen Euro - ansetzen: Die Besoldung leitender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend der B-Besoldungsgruppen für Beamte (nach Angaben auf der Website des Bistums: Bischof B 9; für Leitungskräfte auf der ersten Leitungsebene B 2 und B 3) ist mehr als großzügig. Auch mit A 16 (zum Beispiel Botschafter, Leitender Regierungsdirektor oder vergleichbare Position) oder A 15 (zum Beispiel Chefarzt, Studiendirektor oder vergleichbare Position) kann man auskömmlich leben. Ich kenne schon die Antwort auf diese Anregung: „Das bringt doch nichts …“ - Ein bisschen schon, aber es soll auch nur ein Detail möglicher Einsparungen sein. Und es wäre ein schönes Zeichen christlicher Bescheidenheit und Demut.


Vor einigen Tagen hat mir meine fünfjährige Enkeltochter freudig erzählt: „Oma, wir gehen bald pilgern!“Ihre Kindertagesstätte, die in der Verwaltung der katholischen Kita-GmbH ist, nimmt einmal im Jahr an einer Sternwallfahrt für Kindergartenkinder teil. In der Vorschulgruppe bereiten sich die Kinder mit biblischen Geschichten und passenden Liedern auf dieses große Ereignis vor. Im vergangenen Jahr ist der Tag wegen Corona ausgefallen, und nun ist meine Enkeltochter überaus froh und dankbar, dieses Jahr dabei sein zu dürfen.

Kinder durch kindgerechte Angebote mit der Botschaft des Evangeliums vertraut zu machen, ist für mein Verständnis eine Kernaufgabe der missionierenden Kirche. Ich bin sehr dankbar, dass in dieser Kita regelmäßig religiöse Angebote gemacht werden und die dafür ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher Fachkompetenz und ein offenes Ohr für die großen Fragen der kleinen Menschen haben, wie „Gibt es den lieben Gott wirklich?“ oder Wo kommen die Menschen hin, wenn sie sterben?“ ...

Wird es in Zukunft noch katholische Kindergärten und Schulen in unserem Bistum geben? Das Bistum Mainz hat bereits fünf Schulen aufgegeben. Ja, die Katholische Kirche steht vor großen Herausforderungen. Das Geld wird knapp, und es muss gut überlegt werden, wo Einsparungen den geringsten Schaden anrichten. Hier haben die Entscheidungsträger eine große Verantwortung. Aber mit der Schließung von kirchlichen Kindergärten und Schulen würde sich die Kirche selbst den größten Schaden zufügen. Wo, wenn nicht hier, besteht der unmittelbarste Kontakt zu Kindern und Jugendlichen! Wo, wenn nicht hier, baut die Kirche an ihrer eigenen Zukunft?

Ich appelliere an alle Eltern und Großeltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, Schulleiterinnen und Schulleiter, Schülerinnen und Schüler katholischer Schulen und katholischer Ausbildungsstätten: Macht offensiv und öffentlich deutlich, dass ihr an diesen Einrichtungen festhalten möchtet, weil sie wertvoll und sinnstiftend sind, und auch weil sie für die Zukunft der Kirche von existenzieller Bedeutung sind. Nicht dass wir sehenden Auges das Undenkbare geschehen lassen und uns dann anschließend alle die Augen reiben, weil wir es nicht fassen können.

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