Leserbriefe Emotional vernebelte Diskussionen

Zum Artikel „Emotionen, Ängste und ergreifende Schicksale“ und zur Debatte um den Familiennachzug (TV vom 2. Februar) schreibt Dr. Thomas Ellwart:

Wenn „Emotionen, Ängste und ergreifende Schicksale“ eine Diskussion und Entscheidungsfindung beherrschen, dann ist der Misserfolg programmiert. Diese pessimistische Prognose stammt aus der Forschung zum Umgang mit komplexen Situationen. Sie mahnt umso dringlicher, dass den emotional vernebelten Diskussionen zum Familiennachzug eine sachlich-nüchterne Realitätsanalyse voranzustellen ist: Wie steht es beispielsweise um die Erfassung des bisherigen Familiennachzugs bei Flüchtlingen nach der Genfer Konvention (für die nie der Familiennachzug infrage stand)? Auf welchen Zahlen basieren die widersprüchlichen Prognosen zur erwarteten Nachfrage des Familiennachzugs bei subsidiärem Schutzstatus (der Nachzug wurde erstmals 2015 kurz eingeführt und sogleich bis 2018 ausgesetzt)? Wie werden bei der Nachzugsdebatte die Auswirkungen der weiterhin stattfindenden Migrationsbewegungen über die deutschen Außengrenzen bewertet?

Wertfreie Zahlen, Analysen und bisherige Erfahrungen würden helfen, das scheinbar Undurchschaubare zu ordnen. So können Pro- und Kontra-Argumente bei der aktuellen und zukünftigen Entscheidungsfindung sachlich bewertet werden. Letztendlich übernimmt der Bürger durch das Votum auch die Verantwortung für die resultierenden Verpflichtungen und Konsequenzen. Bleibt zu hoffen, dass sich alle Verantwortlichen – Bürger, Medien oder Politik – stärker bemühen, durch eine sachliche und ehrliche Analyse die schwierige Debatte aus dem emotionalen Nebel zu führen. Dies wollte dem Bundestag scheinbar nicht gelingen.

Dr. Thomas Ellwart, Trier

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort