Empört euch!

Zur Finanznot der Kommunen und zu "Wutbürger"-Protesten:

Die Gemeinden? Das ist da, wo wir alle leben. Wo unsere Kinder zur Schule gehen, wo wir wählen und uns engagieren, wo wir arbeiten, uns unterhalten, uns bilden, uns mit Freunden treffen, wo wir wählen, wo wir zu Hause sind. Die Gemeinden sind pleite, fast alle.

Nun sollen sich alle im Sparen gegenseitig übertreffen. Die ADD weist Haushalte zurück, das Land öffnet einen Entschuldungsfonds, die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) wetzt durch die Lande mit Einsparvorschlägen. Stückwerk überall: Alles und jedes soll gekürzt werden. Und dann sollen Bürgerinitiativen und Bürgerstiftungen in die Bresche springen.

Es ist unerträglich: Wer von uns bitte kann wollen, dass die Kommunen auf ein absolutes Minimum ihrer Aufgaben reduziert werden? Wer kann es gut finden, wenn Schulgebäude verrotten, Theater, Volkshochschulen, Vereine, Feuerwehren, Jugendklubs, Kulturzentren? Also im Amtsdeutsch: freiwillige Leistungen nicht mehr möglich sind? Die Straßenverhältnisse hier sind inzwischen auf dem Niveau mancher Entwicklungsländer, und von der Qualität der Bundesbahn traut man sich gar nicht mehr zu reden. Ich habe genug von den Sparforderungen! Wer hat uns das eingebrockt?

Die Steuerpolitik vergangener Bundesregierungen, egal übrigens welcher Couleur, die die großen Unternehmen und die Reichen begünstigt hat; die zunehmende Verschuldung der öffentlichen Haushalte, die inzwischen fast jeden Bundesbürger mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen und künftige Generationen auf unabsehbare Zeit belastet; die Arbeitslosigkeit und die faktische Senkung der Löhne, von denen Steuern und Abgaben kaum mehr abgezwackt werden können. Und die Landesregierung drückt sich einfach davor, das System der Kommunalfinanzierung in ihrer Verwaltungsreform überhaupt ernsthaft anzusprechen.

Die Ruhe ist unerträglich. Eine kleine Schrift eines alten Herrn aus Frankreich, die inzwischen fast eine Million Auflage erreicht hat, weist den Weg: Empört euch! Empören wir uns! Nicht gegen die Stadt, nicht gegen die Kommunen, die Opfer dieser neoliberalen Entwicklung sind! Sondern gegen eine Politik, die uns alle als Geiseln genommen hat!

Bernd Hamm, Korlingen

Gesellschaft

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