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Zum Artikel "Windkraftpläne sorgen für Goldgräberstimmung in der Redaktion" (TV vom 4. Oktober):

Meinung

Rotierende Guillotinen
Dieser Artikel dürfte bei vielen Lesern ein geteiltes Echo finden: Einerseits wird das Potenzial für erneuerbare Energien zweifellos gestärkt, was im Grundsatz zu begrüßen ist. Autor Jacques Berndorf thematisiert die andere Seite der Medaille mit seiner Warnung vor Wald- und Landschaftszerstörung. Und auch die ist keineswegs unberechtigt. Wo aber liegt in diesem Dilemma der goldene Mittelweg? Ganz sicher nicht in einer überstürzten - gar planlosen - Ausweitung der Windparks in unserer Region, denn für eine zurückhaltende Beurteilung der Windstromerzeugung gibt es mehrere sehr gute Gründe. Ich möchte zwei von ihnen kurz skizzieren: 1. Schon heute wird in Deutschland an manchen windstarken Tagen mit den jetzt schon vorhandenen Anlagen so viel Strom in die überlasteten Netze gespeist, dass der Kilowattstunden-Preis an der Leipziger Strombörse ins Bodenlose fällt und negative Werte erreicht. Dies hat zur Folge, dass die Versorger nicht nur kein Geld verdienen, sondern für die Abnahme ihres Überschussstroms sogar saftige Zuzahlungen leisten müssen - eine geradezu absurde Situation! Die Ursache hierfür liegt in den land auf, landab fehlenden Möglichkeiten der Stromspeicherung. Noch mehr Windmühlen würden dieses grundsätzliche Dilemma weiter verschärfen. 2. Der sogenannte "Wüstenstrom" wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten massiv an Bedeutung gewinnen. Diese Option, auch unter dem Namen "Desertec" bekannt, bezeichnet die großflächige Erzeugung von Strom in Solarkraftwerken Südeuropas und Nordafrikas. Strom, der vermittels verlustarmer Gleichstrom-Unterseekabel nach Europa geleitet wird. Die Technologie hierzu wird bereits seit Jahren von großen deutschen Konzernen - Siemens, Bosch, Eon, RWE, um nur einige zu nennen - vorangetrieben. Der erste Strom aus dem unerschöpflichen Reservoir der Sahara wird schon in drei Jahren fließen! Nur allzu klar ist: Unsere Landschaft könnte sehr schnell durch krebsartig wuchernde Windparks verhunzt, Teile unserer Wälder zerstört werden. Die Tierwelt würde mit Sicherheit leiden, Vögel zu Abertausenden den rotierenden Guillotinen zum Opfer fallen. Das sollte verhindert werden! Wollen wir, die wir eine humane Gesellschaft ganz oben auf unsere Fahnen geschrieben haben, es zulassen, dass die unbestrittene Finanznot der Kommunen ausgerechnet mit einer Technik bekämpft wird, die solche Folgen haben und bereits in wenigen Jahren vor dem Aus stehen wird? Helmut Körlings, Traben-Trarbach

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