Politik Erst mal die eigenen Hausaufgaben machen!

Zum Artikel „Streit riskiert Streit mit Luxemburg“ (TV vom 7. November) schreiben Marco Heck, Stephan Meyer und Alfred Pelzer:

Es ist schön zu sehen, dass Politiker öffentlich Position beziehen und gemeinsam versuchen, Lösungen für anstehende Probleme zu suchen. Den Landräten Joachim Streit und Günther Schartz geht es sicher nicht darum, einen Streit mit dem Großherzogtum zu provozieren. Vielmehr haben sie anhand von Fakten und Zahlen versucht, Xavier Bettel die mehr als schlechten Aussichten für die Grenzgemeinden (auf deutscher Seite) bis zum Jahr 2040 aufzuzeigen und Lösungen für das Problem zu suchen.

Eins sollte ebenfalls nicht vergessen werden: Die Grenzregionen wachsen immer mehr zusammen! Das Ziel ist es, ein starkes Europa zu erhalten. Genau deshalb müssen solche kritischen Punkte unbedingt unter Partnern angesprochen werden dürfen, und es sollte auch eine Lösung gefunden werden, mit der alle Seiten leben können.

Wir Europäer haben uns auf die Fahne geschrieben, unsere Kinder mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen (oder nicht zur Verfügung stehen), zu fördern. Unsere Politik hat die Kommunen dazu verpflichtet, eine Infrastruktur aufzubauen. Zur Dimensionierung der Infrastruktur werden alle Bürger, die in den jeweiligen Kommunen leben, mit einbezogen. Wenn ich an dieser Stelle von dem in unserer Ortsgemeinde zu errichtenden Kindergarten berichten darf: Der Neubau mit circa 5,9 Millionen Euro Baukostenschätzung ist wohl nicht ohne weitere Hilfen zu bewältigen.

Es sollte darauf verwiesen werden, dass nicht nur Deutschland von Luxemburg profitiert. Der luxemburgische Arbeitsmarkt ist sehr bemüht, gut ausgebildete Arbeitnehmer für sich zu gewinnen. Für die deutschen Pendler gibt es zudem keine Grenzen in ihrem Einkaufsverhalten mehr. Der Einzelhandel floriert grenzüberschreitend.

Ich appelliere deshalb an alle unsere  Politiker, sich im Sinne der beiden Landräte Gedanken zu machen und ebenfalls die Problematik zusammen mit unserem europäischen Nachbarn anzugehen.

Marco Heck, Irrel

Immer wieder erstaunt bin ich beim Lesen der Berichte über Ausgleichszahlungen, die von deutschen Politikern von Luxemburg für entgangene Steuereinnahmen gefordert werden. Meiner Ansicht nach müsste die Lösung wie folgt aussehen: Das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Großherzogtum müsste bei der Regelung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Einkünften aus unselbständiger Arbeit geändert werden. Zur Zeit stellt die Bundesrepublik diese Einkünfte unter Progressionsvorbehalt frei. Bei einem ledigen, in Deutschland wohnenden  Steuerpflichtigen ohne weitere Einkünfte ist diese Regelung unwirksam, da (wie der Kölner zu sagen pflegt) dreimal null immer noch null ergibt. Würde im Doppelbesteuerungsabkommen die Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den oben erwähnten Einkünften über die sogenannte Anrechnungsmethode geregelt, würde dies dazu führen, dass der ledige Steuerpflichtige den in Luxemburg erzielten Arbeitslohn in Deutschland unter Anrechnung seiner in Luxemburg gezahlten Steuer versteuern müsste.

Diese Regelung würde in allen Fällen zu den offensichtlich gewünschten Steuermehreinnahmen führen. Gleichzeitig hätte diese Regelung auch den Effekt einer Steuergerechtigkeit, da dann alle Steuerpflichtigen, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben und die gleichen Einrichtungen und Straßen nutzen, bei gleichem Einkommen die gleiche Steuerlast tragen müssten.

Dies sollte doch auch im Sinne einer sozialdemokratischen Ministerpräsidentin sein und würde ihr und den Kommunalpolitikern das aus meiner Sicht unwürdige Betteln bei Xavier Bettel ersparen.

Oder will man einfach keine heiligen Kühe schlachten und keine Wählerstimmen vergraulen? Immerhin geht es um eine Menge Grenzpendler, die von der jetzigen Regelung profitieren. Dann muss man weiterhin mit dem Hut auf der Straße sitzen und auf Almosen aus Luxemburg hoffen.

Stephan Meyer, Wiltingen

Und immer schreien Politiker nach mehr Geld. Von Luxemburg Ausgleichszahlungen für entgangene Einkommensteuer zu verlangen,  grenzt schon an Frechheit. Grenzgänger, die in Luxemburg einer Arbeit nachgehen, haben diese doch nur angenommen, weil sie in der deutschen Grenzregion keine Arbeit gefunden haben.

Zudem, wer will es Menschen verdenken, in Luxemburg für die gleiche Arbeit, die es bei uns nicht gibt, mehr Lohn zu erhalten. Die Steuern auf das Gehalt bleiben nach dem Doppelbesteuerungsgesetz im Ländchen. Aber das stimmt auch nicht ganz. Bei Doppelverdienern, ein Einkommen in Luxemburg und eins in Deutschland, sieht die Sache schon wieder anders aus. Die Einkommen werden zusammengerechnet und mittels Progressionsvorbehalt wird in Deutschland der Steuersatz ermittelt, der dann auf dem deutschen Einkommen anzurechnen ist. Dies dürfte mehr als die Hälfte der Grenzgänger betreffen, die dann doch in Deutschland Steuer zahlen müssen.

Grenzgänger haben teilweise das doppelte Einkommen zur Verfügung als in Deutschland. Sie geben mit ihren Familien in Deutschland folglich doppelt soviel Geld aus. Können sich erst dadurch ein Haus leisten, eher ein neues Auto kaufen. Das bringt der Region und dem Staat Steuergelder.

Es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Wenn diese 30 000 Grenzgänger keine Arbeit in Luxemburg  hätten, um wie viel höher wäre der Arbeitslosenanteil in der Region? Was würde das die Region mehr kosten? Wäre zumindest mal interessant zu recherchieren, liebe Landräte. Auch die Klage wegen der Kitas, die von Grenzgängern angeblich überproportional beansprucht sind, ist Nonsens. Ob die 30 000 Menschen nun in Luxemburg arbeiten oder nicht, deren Kinder wären doch trotzdem auf der Welt und wollten einen Kitaplatz. Mit oder ohne Luxemburg! Wenn Arbeitnehmer hier keine Arbeit finden, aber in Luxemburg, wer sollte sich da mal hinterfragen, warum das so ist? Weil in unserer Region schlechter bezahlt wird, weil zu wenig Arbeitsplätze da sind und weil die Steuer zu hoch ist. Weil die Politik seit Jahrzehnten geschlafen hat, Firmen, Banken und Industrie grenznah anzusiedeln. Nur mit Naturparks (sind wertvoll und werden gebraucht), schafft man keine 30 000 Arbeitsplätze. Die große Mehrheit der Grenzgänger würde liebend gerne wohnortnäher einer Arbeit nachgehen.

Ich drehe jetzt mal die Münze um:  Luxemburg stellt Arbeitsplätze zur Verfügung und zahlt guten Lohn und gute Renten. Das Land bewahrt somit die Region vor höherer Arbeitslosigkeit. Dieses Geld fließt aber zu großen Teilen nach Deutschland, wo die Mitarbeiter und Rentenbezieher wohnen. Das Geld wird nicht in Luxemburg ausgegeben, sondern in Deutschland! Was würden die Herren Streit und Schartz dazu sagen, wenn Luxemburg einen Ausgleich für entgangene Umsätze von der Region verlangen würde? Luxemburg hat bestimmt ein Interesse daran, dass ein Teil dieses Geldes im Land bleibt. Das Gezeter wäre groß.

Eigene Hausaufgaben machen – und gut ist´s!

Alfred Pelzer, Trier

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