Leserbrief Es geht doch nur ums Geld

EM und Corona

Zu unseren Berichten zur EM, unter anderem „Pandemie, Prestige und Propaganda“ (TV vom 19. Juni), „Wenn Wembley zur Sperrzone wird (TV vom 26. Juni) und „,Einfach irre’: Politikerin kritisiert Austragung der EM“ (TV vom 28. Juni):


Eine Voraussage, die derzeitige Corona-Seuche betreffend, hat sich bereits bewahrheitet: Sie wird bei vielen Menschen den wahren Charakter zeigen. So auch bei der Fußball-EM.

In London und Budapest bei nahezu voll besetzten Stadien während der rasanten Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus Spiele zu veranstalten, zeugt von einer Verantwortungslosigkeit aller Beteiligten – der Uefa, der Sportverbände, der Spieler, Zuschauer und  Politiker.

Da hilft es nicht, dass  der deutsche Torwart Manuel Neuer mit Regenbogenbinde auftritt, um seine Solidarität mit Minderheiten auszudrücken. Schon bei der Diskussion um die Beleuchtung des Stadions in München knickten die Funktionäre vor dem ungarischen Despoten und Ministerpräsidenten Viktor Orbán ein.

Es geht nur ums Geld. Viele Spieler sind Multimillionäre. Und daran kann man deren Charakterschwäche festmachen.

Denn jeder von ihnen hätte auf nichts verzichten müssen, wenn er gesagt hätte: „Ich spiele – aber nicht vor so vielen Zuschauern. Ich halte das für verantwortungslos, und es ist eine schwere Beleidigung all derer, die für viel, viel weniger Geld ihre Gesundheit und ihr Leben einsetzen, um dieser Pandemie Herr zu werden. Fußball ist nur ein Spiel. Wenn ihr mich dafür bestrafen wollt, dann tut das!“

Das wäre eine charakterlich einwandfreie Einstellung gewesen, für die man Orden hätte verleihen können. Der DFB hätte nie und nimmer relativierend von „größtmöglichen Schutzvorkehrungen“ zu faseln brauchen, sondern konsequent den Rat der Fachleute befolgen müssen.

Zu allem Überfluss zieht man wie ein Wanderzirkus von Spiel zu Spiel durch ganz Europa – egal, wie die Coronalage in den einzelnen Ländern ist.

Mir ist die Lust am Fußball vergangen. Ich habe mir bisher kein Spiel angeschaut, und ich werde das auch in Zukunft nicht tun. Auch nicht, wenn die Weltmeisterschaft ansteht, die ja bekanntlich von der „großen Fußballnation“ Katar ausgerichtet wird.

Gianni Infantino, Präsident des Weltfußballverbands Fifa, hat dafür gesorgt, dass niemand den Austragungsort als das bezeichnet, was er ist: unmöglich. Womit hat er das wohl geregelt? Allem Anschein nach mit Geld.

Es hat mal jemand gesagt, dass es dort, wo deren Fifa-Funktionäre sich treffen, bald nach Schwefel stinkt. Seit dieser EM glaube ich, dass da was dran ist.

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