Leserbriefe Es kommt auf den Glauben an

Zum Leserbrief „Christen zuerst“ (TV vom 17./18. März) schreibt Reinhard Litzenburger:

Wenn Michael G. Bollmann, Diplomtheologe aus Igel, schreibt, dass es biblisch zu begründen sei, sich zuerst einmal Christen zuzuwenden, dann hat er offensichtlich Theologie studiert und ist in der Lage, die einschlägigen Schriften (nicht immer ganz) richtig zu zitieren – aber verstanden, was das Christentum ist, hat er dabei offensichtlich nicht.

Zunächst einmal bastelt er ein Argument, das leider völlig nach hinten losgeht, wenn er Matthäus 14,24 (falsch – es ist Kapitel 15) zitiert, wonach Jesus „nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“ sei. Wenn das alles wäre, wäre das Christentum eine unbedeutende, regionale Sekte des Judentums geblieben und wir hätten nie etwas von der befreienden Botschaft des Evangeliums gehört.

An dieser Stelle ist die Beschränkung auf das Haus Israel nur die Einleitung, der die befreiende Tat folgt – „an ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ – und nicht an den hehren Worten der Schrift. Er sagt zu der kanaanäischen Frau: „Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst!“ (Mt.15,28)

Es kommt eben auf den Glauben an und nicht auf die Konfession, das formale Bekenntnis. Wenn Herr Bollmann schreibt, dass „wir uns als Christen mit den Christen in aller Welt verbunden fühlen und uns ... mit ihnen solidarisch zeigen“, so stimme ich dem rückhaltlos zu.

Aber uns von einem Jesus zu erzählen, der nur sein Volk, also die Israeliten, im Auge gehabt und auch seine Jünger so unterwiesen habe, dann ist das der Unterschied zwischen biblischer Schriften-Kunde und Theologie.

Alle Texte des Ersten und des Zweiten Testaments sind in einer bestimmten Situation für eine bestimmte Zuhörerschaft verfasst, und unsere Aufgabe ist es, dies für unsere Zeit umzusetzen – und genau darum geht es hier: nicht die eigene Klientel zu bedienen, sondern über den eigenen Tellerrand hinauszublicken und überall dort zu helfen, wo Not am Mann ist – „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“, nicht: „Liebe Deinen nächsten Mitchristen/Landsmann/was-auch-immer-Genossen ...“

Alle Menschen guten Willens sind aufgerufen, der Not Einhalt zu gebieten, wo immer es in ihren Kräften steht, ohne Ansicht von ... allen unnützen Vokabeln, die üblicherweise in diesem Zusammenhang strapaziert werden.

Reinhard Litzenburger, Religionspädagoge, Kleinich

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort