Gesundheit Es nervt – wir brauchen Zeichen der Hoffnung!

Zur Berichterstattung über das Corona-Krisenmanagement der Politik schreiben Ernst Geilenkirchen und Frank Arend:

Nach 16 Jahren Helmut Kohl hatten selbst eingefleischte CDU-Wähler die Nase voll von ihm. Und bei Angela Merkel sieht es wohl ähnlich aus. Dabei habe ich als Bürger, der ihr und ihrer Partei immer kritisch gegenüberstand, durchaus zwiespältige Gefühle zur Person und Politikerin Angela Merkel.

Anerkennenswert und manchmal auch bewundernswert empfand ich ihr Auftreten in der Öffentlichkeit: wenig Brimborium, keinerlei Eitelkeiten, keine Show, immer kontrolliert, immer um Sachlichkeit bemüht. Und – leider keine Selbstverständlichkeit in ihrer Partei – in der langen Amtszeit war sie in keine Skandale verwickelt, obwohl die CDU immer mal wieder von solchen durchgerüttelt und bloßgestellt wurde und aktuell wird. Ihre Nähe zur Großindustrie und ihre Rücksichtnahme auf einflussreiche Lobbyisten dienten wohl nie der persönlichen Vorteilsnahme.

Allerdings trug beispielsweise ihr Einsatz für die Interessen der Automobilkonzerne mit dazu bei, dass Deutschland viel zu lange an veralteten Techniken festhielt. Da fehlte ihr, wie in der aktuellen Krise und wie in all den Jahren, eine Konzeption, eine Linie in die Zukunft: So war es auch, als sie – gedrängt von der Energiewirtschaft – kurz vor der Katastrophe von Fukushima die Laufzeitbegrenzung für Atomkraftwerke aufhob, die SPD und Grüne festgelegt hatten. In der Europapolitik hat sie zwar durch ihre hartnäckige Verhandlungsweise manche Krise abgewendet, aber es fehlte, wie in der Sozialpolitik, ebenfalls an Visionen, mit denen sie diese Krisen hätte verhindern können. In ihrer Rede zum Weltwirtschaftsforum beklagte sie im Januar 2021, in Deutschland seien viele Prozesse zu lang, zu mühsam und zu bürokratisch. Wie recht sie hatte!

Aber hätte Merkel in 15 Jahren Regierungszeit nichts ändern können, hätte sie das Land nicht in einem besseren Zustand übergeben können? Keine schöne Bilanz nach so viel Jahren, sondern Belege des Scheiterns: die rückständige Elektromobilität, die mangelhafte digitale Ausstattung der Schulen, der miserable Zustand der Infrastruktur, der immer größer werdende Unterschied zwischen Arm und Reich in Deutschland, die EU am Rande des Zusammenbruchs, windelweicher Umgang mit Autokraten innerhalb und außerhalb Europas, die Bundeswehr in weiten Teilen nur bedingt einsatzbereit, das Erstarken der AfD ... Meist ging sie Konflikten aus dem Weg, selbst offensichtlich überforderte Minister hat sie nicht entlassen (Karlizcek; Klöckner; Andi Scheuer; Jens Spahn; Braun).

Von Horst Seehofer ließ sie sich auf dem CSU-Parteitag während der Flüchtlingskrise öffentlich demütigen und nahm es hin. Konfliktscheu oder machtversessen?

Vielleicht hätte sie sich und dem Land einen größeren Dienst erwiesen, wenn sie ihre Kanzlerschaft 2017 beendet hätte.

Ernst Geilenkirchen, Kelberg

Natürlich handeln Politiker in Deutschland derzeit nach dem Muster, das sie auch sonst anwenden (1. Prüfen, wofür man nicht zuständig ist. 2. Prüfen, was bei dem, wofür man nicht zuständig ist, schlecht läuft. 3. Auf dem, wofür man nicht zuständig ist und was schlecht läuft, permanent herumhacken).

Und es stimmt ja auch, dass derzeit in Deutschland bei der Corona-Bekämpfung einiges schlecht läuft: Schnelltests, die in Schulen und Kindergärten nur eingeschränkt zur Verfügung stehen, Politiker, die sich bei dubiosen Geschäften bereichern, ein Regelungswirrwar, bei dem sich keiner mehr auskennt.

Aber läuft alles, worüber man sich in Deutschland momentan beklagt, wirklich so schlecht?

Politik und Medien vermitteln derzeit den Eindruck, dass überall in der Welt mehr Impfstoff zur Verfügung steht als bei uns. Sieht man sich aber die Zahl der tatsächlich verabreichten Impfdosen an liegen lediglich vier Länder vor Deutschland, nämlich die USA, Großbritannien, die Türkei und China (Stand 28. März).

Hängt die derzeitige Unzufriedenheit in Sachen Impfungen nicht vielleicht auch damit zusammen, dass Medien und Politik im Dezember völlig übertriebene Erwartungen geweckt haben? Es ist richtig, dass derzeit der Einsatz weiterer Impfstoffe geprüft wird. Bei jedem Impfstoff (auch wenn er von außerhalb des Westens kommt) sollte man aber auch die Frage stellen, wer die jeweiligen Probanden waren.

Das mehrtägige Aussetzen von Impfungen mit dem Astrazeneca-Wirkstoff ist als Desaster beschrieben worden. Aber war es nicht richtig, sich ein paar Tage Zeit für eine Prüfung zu nehmen? Dass ausgerechnet diejenigen, die ansonsten nie genug Gutachten bekommen können jetzt diejenigen sind, die fragen, warum man eine Pause zur Prüfung eingelegt hat, anstatt Tempo zu machen, verwundert mich.

Die Anzahl der Corona-Toten in Deutschland ist immer noch viel zu hoch, aber sie sinkt. Wird das als eine positive Nachricht wahrgenommen? Und es gibt Dinge, die die Welt nicht braucht. Das reicht von unsinnigen Versuchen, Impfzentren und Hausarztpraxen in Sachen Impfung gegeneinander auszuspielen (wir brauchen selbstverständlich beides) über Corona-Extra-Sendungen im Fernsehen, ohne dass es etwas extra zu berichten gibt, bis hin zum dämlichen Sound-Design der Einspielfilme im Fernsehen.

Das alles vermittelt dem Bürger das Gefühl einer sich permanent nach unten drehenden Abwärtsspirale der totalen Hoffnungslosigkeit, die niemals endet, aus der es kein Entrinnen gibt und bei der jeder positive Ansatz konsequent ausgeblendet wird. Mir jedenfalls geht das mittlerweile fast mehr auf die Nerven als die Dinge, die bei uns tatsächlich schlecht laufen.

Das Osterfest ist das Fest der Auferstehung und der Hoffnung. In diesem Jahr war es das vielleicht nicht nur für Christen …

Frank Arend, Morbach

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