EUROPA

Zum Artikel "Griechische Tragödie [… ]" (TV vom 28. Februar/1. März), zum Leserbrief "Keineswegs alternativlos" (TV vom 4. März) und zum Streit über Reparationsforderungen:

Ich habe den Eindruck, dass sich im Bundestag ein Bataillon "abnickender Wackeldackel" eingenistet hat. Dies bezieht sich nicht nur auf die Abstimmung, sondern auch die sogenannte Kompetenz, die zu solcher Entscheidung geführt hat. Mit über 200 Milliarden Euro Hilfen hat sich in Griechenland nur eines verbessert: die Situation der Banken. Der Bevölkerung geht es zunehmend erheblich schlechter. Wie man bei einer solchen Entwicklung auf "weiter so!" entscheiden kann, bleibt mir unerklärlich. Der obige Vergleich gilt anscheinend auch für die laufende Legislaturperiode. Gab es überhaupt mal eine Regierungsvorlage, die nicht abgenickt wurde? Wofür brauchen wir dann noch ein Parlament? Günter Laux, Trier In seinem Leserbrief schreibt Axel Skubella, Griechenland habe nicht aufgrund seiner eigenen Leistungsfähigkeit, sondern wegen zinsgünstiger Kredite nach seiner mit gefälschten Bilanzen erschlichenen Aufnahme in die Euro-Zone innerhalb von 40 Jahren die heutige Lebensqualität erreicht, für die wir 150 Jahre gebraucht hätten, und empört sich über Deutschlandkritik der griechischen Presse, da wir für "ein Viertel von Griechenlands Schulden" bürgten. Er hat ja nicht ganz Unrecht, aber es ist eben nur die halbe Wahrheit. Nazi-Deutschland hat von 1941 bis 1944 Griechenland besetzt, terrorisiert und ausgeplündert. Zehntausende Zivilisten wurden als "Sühnemaßnahmen" für Anschläge der Partisanen erschossen, erhängt oder verbrannt. Klagen von individuellen Opfern des Naziterrors wurden vom Internationalen Gerichtshof (IGH) verworfen, da "Staatenimmunität" eine Klage von Privatpersonen gegen Staaten nicht zulasse. 1953 wurden der BRD auf der Londoner Schuldenkonferenz etwa die Hälfte der Kriegsschulden erlassen (auch zulasten Griechenlands); ohne diesen "Haircut" wäre unser Wirtschaftswunder nicht denkbar gewesen. Auf der gleichen Konferenz erreichte die BRD, dass alle ausstehenden Reparationsforderungen bis zu einem "endgültigen Friedensvertrag" aufgeschoben wurden. Deshalb tat die deutsche Regierung bei den Wiedervereinigungsverhandlungen alles, um den Begriff "Friedensvertrag" zu vermeiden, stattdessen setzte sie den Begriff "2+4-Vertrag" durch. Die Begründung stand in der FAZ vom 12. Februar 1990: "Für Bonn gilt es, eine Form zu finden, die einen Friedensvertrag - der nach dem Londoner Schuldenabkommen gewaltige Schadenersatzzahlungen an zahlreiche Staaten der Welt zur Folge hätte - überflüssig macht." Ob dieser Vertrag, der von zwei Deutschlands und den vier Siegermächten abgeschlossen wurde, auch an den Verhandlungen nicht beteiligte Staaten bindet, ist zumindest rechtlich umstritten. Heute argumentiert die Regierung, dass der 2+4-Vertrag selbstverständlich die Wirkung eines Friedensvertrages habe und macht den Griechen eine lange Nase: "Ätsch!" Dies ist sicher ein dreisteres Verhalten als das Auftreten des griechischen Finanzministers Varoufakis. 1942 nahm die deutsche Besatzungsmacht bei der griechischen Zentralbank ein zinsloses Zwangsdarlehen über 568 Millionen Reichsmark auf und zahlte bis Kriegsende 92 Millionen zurück, so dass noch 476 Millionen übrig blieben, was heute zehn bis elf Milliarden Euro sind. Obwohl ein Kredit nichts mit Reparationen für Kriegsschäden zu tun hat, sagte unsere Regierung diesbezüglich, dass "infolge des historischen und sachlichen Zusammenhangs der Zwangsanleihe [...] diese formal ohne Weiteres als Reparationsforderung zu klassifizieren" (und damit erledigt) sei, ein an Dreistigkeit kaum zu überbietendes "Ätsch!" Norbert Bogerts, Welschbillig

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