Europa

Zum Interview "Mehr Hilfe bedeutet mehr Kontrolle" (TV vom 19. Feb.):

Auffällig ist, dass möglichst alles vermieden wird, was daran erinnern könnte, dass Griechenland nur durch gefälschte Bilanzen in die Euro-Zone aufgenommen wurde. Ebenso kritisch sehe ich den Umgang mit Artikel 125 des Maastrichter Vertrags, der besagt, dass kein Land für die Schulden eines anderen Landes haften muss (Nichtbeistandsklausel). Das war die Brandmauer zwischen dem deutschen Steuerzahler und den Südländern mit ihren maroden Banken. Als 2009 - ausgelöst durch die Krise in Griechenland - diese Brandmauer eingerissen wurde, knallten bei dubiosen Spekulanten die Champagnerkorken. Denn wo deutsche Steuerzahler bürgen, ist das Risiko minimal. Griechenland aus der Euro-Zone zu entlassen, sei die schlechteste Alternative, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Marcel Fratzscher und passt sich der Sprachregelung der Regierung an. Wir in Deutschland haben zwar Schulden, aber weder eine Staatsschuldenkrise noch eine Finanzkrise. Unsere Krise ist in Athen, in Madrid, in Rom, in Paris zwischengelagert. Nach Bedarf werden Mittel auf Anordnung der EU vom deutschen Steuerzahler abgerufen. Ich kenne kein Land, dem aufgrund von Zahlungsunfähigkeit ein Schuldenschnitt gewährt wurde und das danach wieder Fuß fassen konnte, ohne die eigene Währung abzuwerten. Für einen Wirtschaftswissenschaftler ist es eine schwache Vorstellung, sich auf die Notwendigkeit der Transfer-Zahlungen an Athen zu beschränken, ohne die Hintergründe zu erläutern. Was waren wir zu DM-Zeiten bei den Südländern beliebt! Für einen Moment blende ich den Euro aus und stelle mir vor, Angela Merkel reiste mit zehn Milliarden D-Mark nach Athen, um den Griechen zu helfen. Dieselben Menschen, vor denen 7000 Polizisten sie nun schützen mussten, stünden mit schwarz-rot-goldenen Fähnchen am Wegesrand und winkten ihr zu, und die griechischen Medien steckten sie nicht in eine Hitler-Uniform, sondern in ein schlichtes Kleid der Mutter Teresa. Karl-Heinz Keiser, Thomm

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