Finanzen

Zu den Berichten über den neuen Euro-Rettungsschirm ESM (TV vom 30. Juni/1. Juli):

Deutschland hat gegen Italien verloren, diesmal auch in der Europäischen Union und mit Rückendeckung Spaniens und Frankreichs. Deutschland wird im Endeffekt als Zahlmeister dastehen müssen, wobei der Begriff "Meister" hier völlig fehl am Platz ist, es müsste "Knecht" heißen. Und was heißt "Deutschland"? Ebenso wenig wie die DFB-Elf Deutschland ist, kann der Begriff für den bzw. die Zahlenden stehen. Zahlende sind vor allem die hart arbeitenden - das meine ich nicht polemisch! - Steuerzahler hierzulande, früher sagte man mal: Volk. Weder der Fiskalpakt noch der Euro-Rettungsschirm ESM und schon gar nicht die Euro-Bonds gewährleisten verbindlich einen grundlegenden wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Strukturwandel in den Schuldnerländern, allen voran Griechenland, sofern er denn überhaupt leistbar ist. Im Gegenteil: "Super-Mario" - auch so ein Ersetzungswort (Metonymie) mit verschleiernder Wirkung - hat fast schon erpresserisch die mit Hilfsgeldern zu verbindenden Auflagen auf ein vages Minimum heruntergepokert. Es ist nicht zu übersehen: Die Südländer, wozu sich auch Frankreich letztlich rechnet, wollen oder können nicht auf die Forderungen der meisten Nordländer, wozu sich neuerdings auch Polen zählt, eingehen. Der Euro erweist sich mehr und mehr - dank Helmut Kohl und François Mitterrand - als Spaltwährung und in seiner Wirkung als armuterzeugend sowie demokratieabbauend. Das hatten kluge (Experten-)Köpfe schon seinerzeit vorausgesagt, sie waren aber, vor allem hier zu Kohls Zeit, weggeschwiegen worden. Ich war lange Zeit Verfechter einer (demokratischen!) EU, aber so langsam kommen mir Zweifel, wessen Europa das eigentlich ist und welchem Zweck die EU dient. Was zurzeit läuft, ist nicht zuletzt auch Wasser auf die Mühlen von Nationalisten hierzulande, die Deutschlands Rolle in Europa nach dem Satz "Wehe dem Besiegten!" (im Zweiten Weltkrieg) sehen. Erst habe man das (West-)Land auf sein fleißiges und Know-how reiches Volk gestützt, "gemästet", um es dann "melken" zu können. Diese Sicht greift nach meiner Erfahrung seit der Finanzkrise mehr und mehr um sich, und ich sehe niemanden, der dem überzeugend widerspricht. Die Europameisterschaft hat das DFB-Team tatsächlich an die Mannschaften Spaniens oder Italiens verloren, aber das kann man getrost verschmerzen - und die Profis erst recht, sie leiden keine materielle Not deshalb. Michael Wilmes, Ralingen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort