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Zum Kommentar "Die europäische Tragödie" (TV vom 18./19. Juni):

Meinung

Gaunerkomödie mit offenem Ende
Die massive Überschuldung Griechenlands bietet zwar der Welt ein eindrucksvolles Schauspiel, das ich eher als Gaunerkomödie bezeichnen würde, wenn die möglichen Folgen nicht so bedrohlich erschienen. Eine klassische Tragödie ist es aber auf keinen Fall. Bei einer Tragödie bringt das Schicksal die Hauptperson in eine ausweglose Lage, in der sie jedwedes Handeln schuldig werden lässt. Dabei ist sie ohne eigene Schuld in diese Situation gekommen. Das kann man von den Beteiligten an der griechischen Überschuldung keinesfalls behaupten. Beim Ringen um die Ausgestaltung der Währungsunion ging es um die Konvergenzkriterien, an denen die Reife der Beitrittskandidaten festgemacht werden sollte. Diese Zahlen wurden über mehrere Jahre von den griechischen Behörden frisiert und damit der Eintritt in die Währungsunion erschlichen. Danach wurde gröblich gegen den Geist des Stabilitätspakts verstoßen. Auch die europäischen Verantwortlichen haben dem griechischen Treiben mit Wohlwollen zugesehen und sich offenbar keinen Deut um die ausgehandelten Verträge gekümmert. Übersetzt ins Wirtschaftsrecht wäre das betrügerischer Konkurs und Beihilfe zur Konkursverschleppung. Von Unschuld keine Spur. Auch das zweite Merkmal einer Tragödie, die ausweglose Lage des Betroffenen, trifft hier nicht zu. Ausweglos ist sie nur, wenn man zwanghaft am einmal eingeschlagenen Weg festhält und jede Korrektur an den Ursachen ablehnt. Europa würde nicht daran zerbrechen, wenn die überzogenen Wunschvorstellungen den Realitäten anpasst würden. Ulrich Mayr, Trier

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