FINANZEN

Zur Berichterstattung über den Bundeshaushalt (TV vom 10. Sept.):

Die von Schäuble propagierte "schwarze Null" in der Fiskalpolitik ist ein Täuschungsmanöver in Tateinheit mit Wählerverdummung. Die Regierung will uns auf sie stolz machen, da es ihr zum ersten Mal seit 1969 zu gelingen scheint, keine neuen Schulden zu machen. Aber was müssen wir dafür bezahlen? Die OECD - wahrlich keine linke UN-Institution - fordert Deutschland auf, mehr in Infrastruktur und Bildung zu investieren, was wegen der "schwarzen Null" nicht geschieht. Stattdessen nimmt der Staat das Verrotten von Brücken, Straßen, Schienen oder Schulen ganz entspannt in Kauf und verschuldet sich durch die Vernachlässigung der Daseinsvorsorge mehr an kommenden Generationen als durch eine Kreditaufnahme. Denn jede sinnvolle Investition würde aufgrund der zurzeit niedrigen Zinsen für deutsche Staatsanleihen für alle quasi automatisch Gewinn bringen. Auch der jüngste OECD-Bericht zur Bildung bestätigt, dass wir viel zu wenig in Bildung investieren. Die Bildungsmobilität ist bei uns zusammen mit den USA und Israel am niedrigsten, die soziale Herkunft entscheidet fast nirgendwo so stark wie bei uns über die Bildungs- und damit Zukunftschancen der Kinder, so auch über ihre späteren Erwerbsmöglichkeiten und Rentenansprüche. So wird Altersarmut programmiert. Statt ihren Pflichten gerecht zu werden, plant die Regierung, private Investoren einzuladen, in die Infrastruktur zu investieren (etwa Versicherer, Pensionsfonds, die von ihnen finanzierten Autobahnen an den Staat verpachten oder Gebühren vom Nutzer verlangen). Letztendlich wird das den Bürger deutlich mehr kosten als eine entsprechende Verschuldung. Wenn der Staat für Investitionen keine neuen Schulden machen will, bleibt nur die Alternative, die Einnahmen zu erhöhen. Ein Ende des Steuerdumpingwettlaufs für Multis, ein effizientes Stopfen der Steuerschlupflöcher sowie eine gerechte Steuererhöhung bei Spitzenverdienern dürfte kein Unding sein. So könnte auch der Schere zwischen Arm und Reich begegnet, sozialer Sprengstoff verhindert, gesellschaftliche Identität und Zusammenhalt gefördert und Zukunft gesichert werden. Norbert Bogerts, Welschbillig

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