Finanzen

Zum Artikel "Woher soll die Rendite kommen" (TV vom 21. März):

Die Europäische Zentralbank (EZB) zieht einmal mehr die Notbremse; wie oft noch? Immer wieder erzählt uns Herr Draghi, Zinssenkungen seien nötig, um den Gaul, sprich die Konjunktur, am Laufen zu halten, respektive den südeuropäischen Ländern den Aufschwung zu ermöglichen. Der Motor will aber nicht anspringen - egal, wie oft die EZB die Zinsen schon nach unten korrigiert hat. Vielleicht, Herr Draghi, hat dies aber gar nichts mit Zinssenkungen zu tun, sondern liegt an den wirtschaftlichen und produktionstechnischen (Un)Möglichkeiten der Staaten Süd- und Osteuropas. Vielleicht ist das ganze Getue aber auch nur ein großer Bluff. Denn jedes Geheul der Börse honoriert die EZB unverzüglich mit Zinssenkungen, um die Börsianer bei Laune zu halten. Fällt der Dax unter 10 000 Punkte, überkommt die Herren in Frankfurt schon Weltuntergangsstimmung. Vor nicht allzu langer Zeit haben sie noch den Wert von 9000 Punkten frenetisch gefeiert. Mit ihrer Geldpolitik macht sich die EZB zum Komplizen des Kapitals und zum Henker des einfachen Bürgers, den sie, davon gehe ich aus, mit ihrer Zinspolitik in den Konsum oder zum Kauf von Aktien zwingen will. Der kleine Mann soll am supergeilen Spiel der Aktienmärkte teilnehmen und dabei selbstverständlich verlieren. Beim nächsten Crash, möglicherweise hervorgerufen durch eine Finte, reiben sich die Händler auf dem Parkett wieder einmal die Hände. Der Reigen der Umverteilung dreht sich weiter. Es ist gleichermaßen unverantwortlich wie unethisch, Menschen mit kleineren Vermögen in Risikogeschäfte zu drängen, mit dem Argument, man müsse sein Vermögen streuen. Früher, bei ehrbaren Bankern, hieß es: "Nur mit dem Geld an die Börse, das man übrig hat." Nein, Herr Draghi, Sie machen eine offensichtlich einseitige Politik zugunsten kapitalistischer Zeitgenossen und finden Ihre Helfer in den Parlamenten und auf den Regierungsbänken. Sie leisten der Altersarmut Vorschub, weil die Renten und Ersparnisse seit Jahren keine Renditen mehr bringen. Auch dazu schweigt die Politik. Allerdings erwägt der Finanzminister zukünftig bargeldlosen Zahlungsverkehr. Wie schön! Sollte der Bürger auf die Idee kommen, sein Geld vor Negativ-Zinsen zu sichern und zu Hause im Safe verwahren, würde gleich der nächste Mechanismus greifen, um ans Volksvermögen zu kommen. Sie, Herr Draghi, haben die Aufgabe, für Währungsstabilität zu sorgen und für sonst nichts. Es ist zu hoffen, dass irgendwann ein Gericht Sie daran erinnert, wenn unsere Politiker, aus Angst vor den allmächtigen Märkten, dies schon nicht tun. Horst Schorle, Ingendorf

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