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Zwei Zuschriften zu einem Dauerbrenner: Hilfe, mein Leserbrief wird nicht gedruckt - das ist Zensur! Hans Tintes aus Mürlenbach: Als Anlage beigefügt ein kritischer Blick auf das derzeit bedeutendste politische Thema in Europa. Ich bitte Sie, diese Zusammenstellung brennender Fragen zu veröffentlichen, aber nur dann, wenn das ohne Kürzung erfolgt.

Dieses an die Substanz Deutschlands gehende Thema kann man nicht mit wenigen Sätzen darstellen, wenn man die wesentlichen Punkte dieser "dunklen Materie" beleuchten will. […] Nun bin ich gespannt auf Ihre Entscheidung, nachdem Sie bereits zwei Beiträge von mir mit dem Vermerk "zu umfangreich" (oder politisch nicht korrekt?) abgelehnt haben. Vom Platzbedarf dürfte mein Leserbrief in etwa dem entsprechen, den Sie am 27. Juli unter dem Titel "Verdammt viel Wut im Bauch" gebracht haben. Viel Text und Bild um was? Lieber Herr Tintes, vielen Dank für Ihren Aufsatz zur Euro-Krise, den ich mit Interesse gelesen habe - aber leider nicht ins Blatt heben kann. Ihre Betrachtung würde vier Spalten der Zeitung von oben bis unten füllen, ohne Foto. Das wäre sechsmal so viel wie die als Beispiel angeführte "Wut im Bauch", eine Schmonzette, die sich um die kulturelle Leistung der Rolling Stones für die Entwicklung des Menschengeschlechts drehte. Sie sind mit Kürzungen nicht einverstanden; diese Ansage respektieren wir natürlich. Heißt aber auch: Angesichts der Überlänge bleibt Ihr Beitrag außen vor. Ist das nun Zensur? Ich meine: nein. Sie können kundtun, was Sie wollen. Es gibt keine Tabu-Themen, keine politische Rücksichtnahme, keine Vorlieben der Redaktion - bloß einige Spielregeln, die für alle gleich sind. Die wichtigsten in Stichworten: inhaltlich: zu Berichten oder Kommentaren, die im Volksfreund publiziert worden sind; im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, nicht beleidigend, nicht zu Straftaten aufrufend; die Meinung ist frei, doch falsche Tatsachenbehauptungen oder unbewiesene Vermutungen dürfen nicht verbreitet werden. formal: je kürzer, desto besser. Maximal 60 bis 80 Druckzeilen. Die Zahl der Einsendungen ist hoch, der Platz limitiert; wir müssen eine Auswahl treffen. Damit möglichst viele Leser zu Wort kommen, darf jeder im Schnitt etwa alle vier Wochen ran - und hat dazwischen Pause. Ha! So viele Einschränkungen, so viele Ausschlusskriterien. Also doch Zensur! Gäbe es keine Regeln, würde die Anarchie ausbrechen, in der Zeitung wie im richtigen Leben. Wäre vielleicht lustig, aber willkürlich, chaotisch, unfair. Wie ein Fußballspiel ohne Schiedsrichter. Och, dann kicken wir heute mal 95 gegen 17 mit 28 Bällen auf sieben Tore. Aber ohne Abseits. Und morgen, im Rückspiel, einer gegen 50, ohne Ball. Nee, funktioniert nicht. Genauso ist es bei Leserbriefen. Heute 400 Zeilen von einem Autor, und (fast) alle anderen haben das Nachsehen? Morgen nur Meinungen von Frauen unter dreißig? Und übermorgen ... lassen wir das. Mein Tipp: Fassen Sie sich kurz, dann klappt\'s auch mit der Veröffentlichung. Ludwig Eugen aus Reinsfeld: Herr Reinhart hebt oder senkt den Daumen. Damit er (wieder) was zum Zensieren und Totschweigen meiner (bisher meisten) Zuschriften hat. Verleugnen lasse ich mich trotzdem nicht. Und verleugne mich auch nicht selbst. Wenn ich es dürfte, würde ich ihn daher einen Spießer und Ignoranten nennen. Da ich das aber nicht darf, tue ich das nicht. Denn beleidigen möchte ich ihn trotzdem nicht. Aber mich selbst totschweigen tue ich auch nicht. Das wäre wie geistiger Selbstmord. Alles richtig verstanden? Sehr gut! Lieber Herr Eugen, besten Dank, netter Versuch. Es ist nicht möglich, jeden Leserbrief abzudrucken. Warum? Siehe oben. Sie reichen drei oder mehr Texte pro Woche ein, die wenigsten gelangen ins Blatt. Warum? Siehe oben. Ihre Traktate sind fast immer zu lang (vor allem die bunt angemalten) und sprengen die Normen. Warum? Siehe oben. Alles richtig verstanden? Sehr gut! Herzliche Grüße! Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur E-Mail: forum@volksfreund.de Die Kolumnen im Internet: http://forum.blog.volksfreund.de

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