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Meinung Unterm Strich Herbert Daufenbach aus Wittlich schreibt zum "Beamten-Neidkomplex" (TV vom 15. September): Wieder einmal ist es Ihnen gelungen, auf die Beamtenschaft einzuschlagen, weil ja die Bevölkerung dahintersteht. Beschämend und dazu mit wenig Sachkenntnis.

Tatsache ist, dass ein Amtsinspektor - Besoldungsgruppe A9, Stufe 10 - im Jahr 2012 bei einer Gehaltsanpassung von einem Prozent brutto 28,39 Euro mehr erhält. Davon gehen ab: 6,65 Euro Streichung vermögenswirksame Leistung, 13 Euro durch Verdopplung des Wahlleistungsbeitrags für die Beihilfe. Es bleiben 8,74 Euro monatlich brutto. Ihr Kommentator Frank Giarra wird sich wohl darüber freuen. Hinzu kommt, dass die Landesregierung jetzt 350 Millionen Euro Pensionsrücklage auflösen will. Beiträge, die im Lauf der Jahre von den Beamten einbehalten wurden. Nun ja, beim Fall der Mauer haben die Politiker ja praktiziert, wie eine Rentenkasse verbraten wird - zweckentfremdet an Nicht-Beitragszahler, laut Helmut Kohl: Portokasse. Folge: Heute beginnt die Rente mit 67, bald wohl mit 70 oder 75 Jahren. Wo bleibt hier die richtige Aufklärung und Klage durch die Presse, oder sind Sie zu feige? Aber vielleicht kommen alle beamteten TV-Bezieher auf die Idee, den Bezug der Zeitung zu kündigen. Die Einsparung beträgt monatlich 26,80 Euro, nicht wenig im Vergleich zur Anpassung der Beamtengehälter. Lieber Herr Daufenbach, vielen Dank für Ihren Brief und das anschauliche Beispiel. Sie rechnen vor, was einem Amtsinspektor unterm Strich von der geplanten Erhöhung des Beamtensolds bleibt - fast nichts. Vieles von dem, was Sie vortragen, ist nachvollziehbar. Dennoch einige Anmerkungen: Der Volksfreund - hier namentlich unser Mainzer Korrespondent Frank Giarra - schlägt nicht auf Beamte ein. Wir haben berichtet, was die Regierung plant, was die Betroffenen sagen, was die Opposition meint. Ausgewogen und sachlich, alle Seiten kommen zu Wort. In seinem Kommentar vertritt Frank Giarra die Meinung, dass Sparmaßnahmen für die Staatsdiener zwar schmerzhaft, aber notwendig seien. Angesichts der Schuldenkrise sei es richtig, bei den Personalkosten (vierzig Prozent des Landesetats) anzusetzen. Viele Bürger, die in der freien Wirtschaft arbeiten, müssten schließlich auch Einbußen verkraften. Die Argumentation ist schlüssig und wohlbegründet, der Ton moderat. Man kann, selbstverständlich, völlig anderer Ansicht sein. Einige Zuschriften zum Thema haben wir veröffentlicht. Wir lesen darin: Die Beamten fühlen sich abgezockt, betrogen, gemolken. Konstruktive Vorschläge, wie alternativ Hunderte von Millionen Euro im Landeshaushalt zu sparen wären? Fehlanzeige, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Es liegt in der Natur des Menschen: Wenn jemand uns etwas wegnehmen will, setzen wir uns zur Wehr. Je größer und besser organisiert eine Gruppe, die ihre Interessen bedroht wähnt, desto vehementer der Widerstand. Beamte, Ärzte, Rentner wissen sich zu artikulieren. Dagegen tun sich Hartzer, Arbeitslose, Analphabeten schwer damit, ihre Sorgen und Nöte ins Blickfeld zu rücken. Der Überbringer der Botschaft (= Zeitung) ist nicht der Urheber (= Landesregierung). Wir machen keine Politik, wir schreiben darüber. Kritisch und distanziert. Der Volksfreund ist weder das Kampfblatt der Beamtengewerkschaften noch die Stimme der Obrigkeit. Ich bin froh, dass unsere Reporter den Mut aufbringen, ihre Meinung zu äußern - egal wie einflussreich die Lobby sein mag, der das womöglich nicht behagt ... Herzliche Grüße! Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur Lob, Kritik, Anregungen? E-Mail: forum@volksfreund.de

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