Forum
Eduard Pelzer aus Irrel schreibt: Sehr geehrter Herr Reinhart, allzu gern würde ich Ihren Beteuerungen im Forum vom 15./16. Juni Glauben schenken, doch die Realität des TV hindert mich daran. Ich stimme im Wesentlichen dem Brief von Frau Leitner zu, den Sie, aus Ihrer Position im TV durchaus verständlich, zu widersprechen versuchen.
Wo sind in einem angemessenen Verhältnis zu sonstigen Nachrichten die großen Themen, die gravierende Missstände besonders in der wirtschaftlichen Struktur unserer Welt aufzeigen und durch sachliche Darstellung dringend bewusst gemacht und diskutiert werden müssen: Landgrabbing, Nahrungsmittelfonds, Ausbeutung der Arbeiter in den Billiglohnländern, Finanzmärkte, fortschreitende Armut, Hunger? Tiefergreifende Informationen hierzu gibt der TV nicht her. Doch was nicht ist, kann ja noch (hoffentlich!) werden. Ein konkreter Vorschlag: Amnesty International veröffentlicht regelmäßig sehr gut recherchierte Einzelfälle von Menschenrechtsverletzungen aller Art. Wäre es nicht möglich, dass der TV in einer gewissen Regelmäßigkeit a) pauschal auf diese Veröffentlichungen im Internet hinweist oder b) Einzelfälle genauer darstellt (persönliche Schicksale verschiedenster Art) oder gar c) eine Vorlage zu einem Appell anbietet und darauf hinweist, wo die TV-Leser solche Vorlagen bekommen können. Ich wäre gerne bereit, dabei behilflich zu sein. Lieber Herr Pelzer, vielen Dank für Ihre Zuschrift und die spannenden Anregungen. Zuletzt haben wir im Forum die Frage erörtert, ob der Volksfreund sich von einem Konzern wie Monsanto mundtot machen lässt. Die eindeutige Antwort: nein. Die Diskussion, die Sie eröffnen, ist eine andere: Warum bringt der Volksfreund nicht mehr Nachrichten über die Probleme der (Dritten) Welt? Auch hier eine eindeutige Antwort: Weil eine Regionalzeitung nicht das richtige Medium ist, in aller Ausführlichkeit darauf einzugehen. So wichtig die Themen sind, die Sie auflisten, so großartig und bewundernswert die Arbeit von Amnesty International und anderen Organisationen sein mag - wir ignorieren sie nicht, doch Schwerpunkt unserer Bericht erstattung ist das, was vor der Haustür unserer Leser passiert, ergänzt um die großen Linien des nationalen und globalen Geschehens, die wir in Hintergründen, Erklärstücken und Analysen abbilden. Dabei ist zum Beispiel Amnesty eine im Volksfreund immer wieder zitierte kritische Stimme, in jüngster Zeit zu diesen internationalen Angelegenheiten: Obama-Besuch in Berlin, Rüstungsexporte, Mali-Einsatz, ein behinderter Häftling, der in den USA zum Tod verurteilt worden ist ... Dazu allerlei Artikel in den Lokalteilen über Aktivisten, deren Arbeit vorgestellt wird. Was allerdings nicht zu leisten ist: eine ständige Amnesty-Rubrik. Honduras: Kleinbauern in Gefahr … Nigeria: Drohende Hinrichtungen … Südsudan: Geistliche in Haft … Gambia: Imam freigelassen … Äquatorialguinea: Oppositionelle in Haft … Papua-Neuguinea: Neue Todesstrafengesetze … Das hat mit dem Regionalzeitungsding zu tun, aber auch damit, dass wir die Informationen nicht überprüfen können. Nehmen wir etwa eine Pressemeldung von Amnesty International Deutschland vom 30. Mai: "Zahlreiche Mitglieder des Kleinbauernverbands MOCSAM im nördlichen Honduras sind im Zuge eines Landkonflikts angegriffen worden. Drei Personen wurden bisher getötet und zwei verletzt. Ein örtliches Unternehmen macht Rechte auf Land geltend, das die Kleinbauern für sich beanspruchen. Weitere Mitglieder des Verbands befinden sich in großer Gefahr. Der Kleinbauernverband Movimiento Campesino de San Manuel (MOCSAM) hat seinen Sitz im Valle de Sula im nördlichen Departamento Cortés. Er setzt sich für die Landrechte von Kleinbauern ein und erhebt Anspruch auf ein Stück Land in El Coowle nahe San Manuel …" Stimmt bestimmt, diese Geschichte. Amnesty ist glaubwürdig, unbestritten. Das Engagement für die Armen und Rechtlosen vorbildlich und lobenswert. Und doch: Es handelt sich um eine einseitige Darstellung, die auf einer einzigen Quelle beruht. Zu dünn, um sie drucken zu können. Gegenrecherche der Fakten? Leider nicht möglich. Ein Beispiel unter vielen. Wir verlieren die Probleme der Welt nicht aus den Augen, versprochen! Aber: In dubio pro regione - im Zweifel für die Region Trier-Eifel-Mosel-Hunsrück. Herzliche Grüße! Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur E-Mail: forum@volksfreund.de Mehr Kolumnen im Internet: http://forum.blog.volksfreund.de