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Happy New Year, liebe Freunde der deutschen Sprache. Vielen Dank für die mannigfachen best wishes, die mich vor, während, nach X-Mas erreicht haben und immer noch erreichen.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ebenfalls Peace, Hope & Togetherness of your Family & Friends. Und, ja: We are looking forward for an ongoing positive relationship in 2014! Puh! Während hippe New Yorker und Moskauer sich des deutschen Idioms bedienen, wenn sie Weltläufigkeit demonstrieren wollen, plappern die deutschen Idio ... äh, also, wird das nun immer schlimmer mit dem denglischen Gedöns oder was? Nein, Anglizismen machen weniger als zwei Prozent unseres Wortschatzes aus, sagen Forscher wie der Germanist Karl-Heinz Göttert (aktuelles Buch: "Abschied von Mutter Sprache"). Von einer Fremdwortschwemme könne keine Rede sein. Das Englische selbst habe im Mittelalter ein Drittel aus dem Französischen entlehnt. Daran gemessen wirke die heutige Aufregung komisch. Wohl wahr. Zu dem Gemaunze, das die Tutoren des Teutonischen veranstalten, fällt mir ein legendärer Zweizeiler des Satirikers F. W. Bernstein ein: Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche. - Drei Beobachtungen: 1. Die Hüter der reinen Lehre: Neulich hat der Verein Deutsche Sprache (VDS) die "beste Schlagzeile des Jahres" gekürt. Die Wahl fiel auf "Yes, we scan!", erschienen in der Bild-Zeitung im vergangenen Juni. Ein Wortspiel, das Obamas politisches Leitmotiv "Yes, we can" auf die Affäre um die Schnüffler des Geheimdienstes NSA drehte. Die Bild-Leute verschmähten die Auszeichnung, wissend, dass sie den Spruch irgendwo im Netz aufgegabelt hatten. Das ist bemerkenswert. Noch bemerkenswerter finde ich freilich, dass diese Nummer eins überhaupt nominiert worden ist. Eine angelsächsische Headline, geadelt von den stramm konservativen Museumswächtern des VDS?! Was ist los mit Vereinsboss Professor Walter Krämer, der allenthalben mit der (rhetorischen) Frage um die Ecke kommt, warum wir gedankenlos die Amerikaner nachäffen? Der ansonsten jeden Anglizismus mit vollem Druck wegkärchert (Klapprechner statt Laptop)? Was ist los mit Jurymitglied Wolf Schneider, Journalist, Autor ("Speak German!") und beinharter Ausputzer in der Phalanx der Sprachpuristen? Ausgerechnet diese beiden Deutschtümler bejubeln fremd züngelnde Diktion?! Merke: Die schärfsten Kritiker der Elche ... 2. Die Amerikaner: "Yes, we speak Deutsch", berichtete jüngst der Focus. In New York ist die Sprache von Goethe und Schiller beliebt wie nie zuvor. Hipster speisen in "wunderbaren" Restaurants mit Namen wie "Fette Sau" oder "Landhaus" und schwärmen von der Berliner Clubszene. Die Trendsetter im Big Apple sagen jetzt "über" statt "cool", sie essen "Über"-Müsliriegel oder vegane "Über"-Snacks. Viele Unternehmen tragen laut Focus ein "uber" im Namen, ohne Umlaut, "um die Kundschaft phonetisch nicht zu überfordern". Merke: Die schärfsten Kritiker der Elche ... 3. Die Russen: Das "Butterbrot" hat Zaren und Kommunisten überdauert, auch Putin lässt es sich schmecken. Der russische Wortschatz birgt zahlreiche deutsche Brocken (der Einwanderung im 17. Jahrhundert geschuldet). Und es werden mehr. "Brandmauer!", ruft Sergej in Sibirien, wenn er erklärt, wie er seinen Computer gegen Viren und Würmer abschirmt. Wie das? Auf Englisch heißt die Schutz-Software "Firewall". Gefiel den Russen nicht. Sie übersetzten wörtlich ins Deutsche und zogen die "Brandmauer" hoch. Kurios! Der Fall liegt ähnlich wie beim Mobiltelefon, das die Deutschen liebevoll "Handy" nennen (bedeutet im Englischen "bequem", "handlich", "passend"). Merke: Die schärfsten Kritiker der Elche ... Herzliche Grüße! Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur E-Mail: forum@volksfreund.de Mehr Kolumnen im Internet: http://forum.blog.volksfreund.de

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