Für immer ein Unterschied

Ich denke, dass die Veranstalter hier einem so genannten Trend folgen, der sich seit einigen Jahren in der Bundesrepublik beobachten lässt: nämlich die Gleichsetzung deutscher Opfer des Nationalsozialismus mit jüdischen Opfern, mehr noch einem "Sich-Identifizieren-Wollens" als Opfer, um von der historischen Verantwortung als "Täter-Volk" psychisch entlastet zu werden.

Da sind also die Briefe von vollkommen unpolitischen Mitläuferinnen, die sozusagen wider Willen in das Räderwerk von Justiz und Psychiatrisierung gerieten und deren eigene Befindlichkeit im Mittelpunkt stand, nicht die der jüdischen Opfer, die um sie herum geprügelt und getötet wurden - eine wunderbare Projektionsfläche. Deshalb ist es bezeichnend, dass ausgerechnet der 9. November - das Datum der Reichspogromnacht - für die Lesung der Briefe in einer ehemaligen Synagoge ausgewählt wurde. Sie ist nichts anderes als ein weiterer Versuch der Egalisierung zwischen Deutschen und Juden, denn letztere wurden von den Nürnberger Rassegesetzen zu "Untermenschen" und damit vogelfrei erklärt, während erstere mitmachten, zuschauten, wegschauten und - auch das gab es natürlich - heimlich halfen, auch unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Die Deutschen hatten eine Wahl, die Juden nicht; das wird für immer der Unterschied bleiben, dem sich niemand entziehen kann. Nicht durch ein Holocaust-Denkmal in Berlin, ein Holocaust-Museum in Leipzig oder durch den Tagungsort "Synagoge" in Wittlich. Eva-Maria Stuckel, Gladbeck

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