FUSSBALL

Zur Kolumne "Wer will denn nur spielen?" (TV vom 14./15. Juni) diese Meinung:

Volksfreund-Chefredakteurin Isabell Funk hat mich als Nichtjournalist zu dem Versuch verleitet, ebenfalls eine Glosse zu schreiben: Die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien ist vorbei. Sie wurde überschattet durch gewalttätige Proteste mit vielen Verletzten und mehreren Toten. Zeitgleich konnte die Züricher Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung der Fifa-Zentrale erwirken und Beweismaterial für Korruption und Kartellbildung sicherstellen. Als Folge des anstehenden Strafverfahrens müssen alle professionellen Männerfußballligen weltweit ihren Spielbetrieb einstellen. Eine Ausnahme bildet der Frauenfußball, da in diesem Bereich zunächst keinerlei Verfehlungen nachweisbar sind. In den darauf folgenden Tagen kommt es zu einigen politischen Drohgebärden. Die Veranstalter der nächsten Turniere, die UN-Vetomächte Frankreich und Russland sowie der Golfstaat Katar schließen sich zusammen und fordern eine sofortige Aufhebung des Verbots. In diesen Staaten wurden bereits Milliarden von Dollar in Infrastruktur und den Bau der Spielstätten investiert. Amnesty International begrüßt die sofortige Rückkehr der katarischen Gastarbeiter in ihre Heimatländer, wo diese sich wieder in die Masse der hungernden Arbeitslosen einreihen. In Russland wächst der Zweifel der Bevölkerung an ihrem Staatsoberhaupt, das noch zu Jahresbeginn in Sotschi den Glanz und die Macht ihres Landes der ganzen Welt präsentiert hatte. Ab September kommt es jeden Samstagmittag um 15.30 Uhr zu Schweigemärschen in deutschen Großstädten. Dort tragen entwurzelte Fußballanhänger die bunten Leibchen ihrer inzwischen arbeitslosen Kicker auf. Im Gegensatz zu vielen perspektivlosen ehemaligen Vereinsangestellten, Sicherheitsleuten und Imbissbudenbesitzern brauchen sich die Ex-Profis keine Sorgen zu machen. Polizisten, die nach dem Fußballverbot auf weniger Überstunden hofften, sind nun gezwungen, diese Trauermärsche zu beaufsichtigen. Zeitgleich finden nun in neun deutschen Städten Spiele der Frauenfußballbundesliga statt. Zunächst waren hier die Zuschauerzahlen rasant gestiegen, doch nach einigen Wochen ging das Interesse zurück. Ebenfalls wurde eine erhöhte Nachfrage nach Ballettkarten registriert. Ein Zusammenhang mit dem Fußballverbot konnte jedoch noch nicht nachgewiesen werden. Auch das Zusammenleben vieler Paare hat sich verändert. Nach der Insolvenz des einzigen Bezahlsenders sitzen viele Männer neben ihren Frauen auf dem Sofa und stellen Fragen nach Zusammenhängen in unzähligen Soaps. Einige Frauen berichten von ersten Resozialisierungserfolgen ihrer einstmals fußballbegeisterten Lebensgefährten. Kurioserweise zeichnet sich sowohl ein Anstieg der Geburten- als auch der Scheidungsrate ab. Um dies näher zu erforschen, wurden durch das Bundesministerium für Familie bereits erste Studien in Auftrag gegeben. Michael Rass, Trier

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