Medien Genügend wichtigere Fragen

Zu den Leserbriefen unter der Überschrift „Die Grenzen der Pressefreiheit“ (TV vom 4./5. Juli) schreibt Dr. Klaus Meiners:

Die Meinungen zum Kommentar von Hagen Strauß über die Auseinandersetzung zwischen der taz und Innenminister Seehofer sind völlig berechtigt und ihnen ist zuzustimmen. Ich möchte dazu noch ergänzen: Herr Strauß spielt hier wie einige andere Kollegen das Spiel „Wie verschleiere ich einen Sachverhalt, wenn er nicht in die vorgegebene politische Richtung passt?“.

Das Spiel geht so: Man streift das eigentliche Kernproblem – hier der niveaulos-provokante Artikel von Hengameh Yaghoobifarah in der taz, in dem sie die deutsche Polizei auf die Müllhalde wünscht – nur am Rande, um gleich über ein ganz anderes Problem – hier die angeblich bedrohte Pressefreiheit – zu fabulieren und gleichzeitig den Innenminister an den Pranger zu stellen.

Dabei hätte Herr Strauß genügend wichtigere Fragen zu erörtern: Wer ist diese Hengameh Yaghoobifarah, die sich ja nicht das erste Mal im Ton vergriffen hat? Warum nimmt man es bei der taz mit den Regeln des Anstands nicht so genau? Auf der einen Seite reklamiert man unbegrenzte journalistische Freiheiten für sich, während auf der anderen Seite des politischen Spektrums immer mehr Maulkörbe verpasst werden. Dabei ist dieses Spiel ja durchaus nicht neu: Als in Chemnitz 2018 ein Bürger auf offener Straße erstochen wurde, haben die politisch korrekten Medien ganz schnell den eigentlichen Sachverhalt aus dem Fokus verbannt und stattdessen das Thema „Hetzjagden“ in den Vordergrund gestellt. Und wer das Spiel in dieser Form nicht mitmachte, wie der damalige Verfassungsschutzpräsident Maaßen, wurde ganz schnell ausgewechselt. Dahinter steckt in meine Augen ein sich veränderndes Selbstverständnis einiger Journalisten. Man will nicht mehr nur berichten, werten und einordnen, sondern die Verhältnisse ändern. So stand das von ARD und ZDF gemeinsam gestaltete „Journalismusforum 2019“ unter dem Motto „Rolle vorwärts: Medienhäuser als Impulsgeber gesellschaftlichen Wandels“. Um das Ansehen des Arbeitgebers und damit den eigenen Arbeitsplatz nicht zu gefährden, muss dieser Wandel im Einklang mit dem politischen Mainstream erfolgen.

Dazu ein Zitat des Kolumnisten Harald Martenstein (Zeit, Tagesspiegel): „Es würde ein bisschen Druck vom Kessel nehmen, wenn das Meinungsspektrum in den etablierten Medien größer wäre.“ Ähnlich äußerte sich Fritz Pleitgen, ehemals Intendant des WDR und Vorsitzender der ARD, in einem Interview mit dem Handelsblatt (11. Juli 2019): „In vielen wichtigen Fragen beobachte ich eine homogene Berichterstattung. Alle marschieren in eine Richtung, nicht selten im Einklang mit der vorherrschenden Meinung in der Politik.“ Dies sei „bedenklich“.

Das gilt auch für den TV und einige seiner Kommentatoren.

Dr. Klaus Meiners, Trier

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