Geschichte

Zum Artikel "Mediziner in der Region unterm Hakenkreuz" (TV vom 23. November):

Die deutschen Mediziner hatten 1945 allen Grund, optimistisch in die ungewisse Zukunft zu blicken, denn wie auch immer sich die Dinge entwickeln würden: Ärzte würden immer gebraucht. Und die Ärzteschaft war sich noch weniger als andere gesellschaftlichen Eliten einer Schuld bewusst. Zu Verbrechern waren doch wenige geworden: jene, die in Konzentrationslagern oder in den sogenannten "Euthanasie"-Anstalten gemordet hatten. Die große Mehrheit der Ärzte dagegen hatte, so schien es, ihren Beruf fernab der Politik ausgeübt. Doch zugleich wusste jeder, der es wissen wollte: Zwischen Medizin und Nationalsozialismus hatte es enge Verbindungen und weitgehende Übereinstimmungen gegeben. Die Reinigung des "deutschen Volkskörpers", die Ausgrenzung und Vernichtung alles "Minderwertigen" - dieses Projekt hatten Regime und viele Ärzte bis zuletzt gemeinsam vorangetrieben. Viele Mediziner hatten nicht nur ihr Berufsethos geradezu auf den Kopf gestellt, sie hatten gemordet, statt zu heilen. Nicht weniger als 45 Prozent der deutschen Ärzte wurden Mitglieder der NSDAP. 26 Prozent traten der SA bei und neun Prozent der SS. Nachzulesen bei Norbert Frei in "Hitlers Eliten nach 1945". Es wird daher spannend sein zu beobachten, wie ernst es die Trierer Bezirksärztekammer mit der nun schonungslosen Aufklärung der Vergangenheit wirklich meint. Wolfgang Müller, Konz

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