Gesellschaft

Zum Artikel "Wenn ein Kind aus der Familie herausgeholt werden muss" (TV vom 19. August):

Immer mehr Eltern scheitern an der Erziehung ihrer Kinder. Es gibt immer mehr zerbrochene Familien, Alleinerziehende, Patchworkfamilien, überforderte Mütter und Väter. Kinder verbringen den größten Teil ihrer Kindheit außerhalb der Familie. Sie werden in Kinderkrippen, Tagesstätten und Ganztagsschulen versorgt und erzogen. Wie sollen diese Kinder später als Erwachsene wissen, wie ein Haushalt geführt wird oder wie man ein Baby versorgt und ihm Liebe und Geborgenheit gibt? Da beginnt es nämlich! Wenn man als kleines Kind Liebe und Geborgenheit in einer intakten Familie erfahren hat, so ist das die gesunde Basis, um diese später an die eigenen Kinder weitergeben zu können. Ja, es gibt Familien, die gescheitert sind. Die Hilfe brauchen. Wo Kinder vernachlässigt werden, verwahrlosen, Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt sind. Wir haben etwa 2700 Problem-Jugendliche in Trier. Sie leben in unsicheren und schwierigen Lebensverhältnissen. Sie haben keinen Bock mehr auf Schule, hängen herum, werden drogenabhängig, kriminell. Sie brauchen Hilfe. Wo könnte diese Hilfe ansetzen? In dem Artikel von Dieter Lintz wird das Jugendamt gelobt. Leider ist es längst nicht in allen Fällen so lobenswert. Allzu oft bringen die Jugendämter zusätzlich extrem viel Leid über Familien und hauptsächlich über Kinder und Jugendliche. Denn die sind die eigentlich Leidtragenden. Sie werden aus ihren Familien gerissen und oft ohne Vorbereitung in ein Heim gesteckt. Und da kommen sie nicht so schnell wieder heraus, denn das Jugendamt hat das Sagen. Und das Kind muss in der Zwischenzeit dort integriert werden, es muss sich anpassen. Also werden Psychopharmaka eingesetzt. Die billigste Methode, um Kinder ruhig zu stellen. Natürlich kann man das Familiengericht einschalten. Doch wie lange ist die Familie getrennt, muss das Kind in seiner Situation ausharren, bis es zur Verhandlung kommt? Ja, präventive Ansätze sind gefragt, damit man den familiären Problemen entgegensteuern kann. Dass das aber wieder durch die Jugendämter geschehen soll, macht mir eher Sorgen, denn so ist der Zugriff auf die Kinder gesichert - weil die Familien bereits bekannt sind. Ein harter Job, über die Frage zu entscheiden, wann ein Kind aus seiner Familie herausgeholt wird? Vielleicht gibt es noch einige wenige Sozialarbeiter, die es sich nicht einfach machen und wirklich genauestens prüfen, bevor sie eine Inobhutnahme veranlassen. Doch der Kostenfaktor und die Bürokratie werden den Idealismus der meisten schnell dämpfen. Marie-Jeanne Reichling-Muller, Udelfangen

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