Gesellschaft

Zu den Leserbriefen "Aberwitzig, überflüssig, lächerlich: Wer Bücher politisch korrekt verstümmelt, begeht einen Akt der kulturellen Barbarei" sowie "Und was ist mit den Roten Teufeln?" (TV v. 16. und 19./20. Jan.):

Viele Leserbriefschreiber wollen sich die "zehn kleinen Negerlein" nicht vermiesen oder wegnehmen lassen, nachdem den Deutschen vor hundert Jahren schon Togo, Kamerun, Südwest- und Ostafrika genommen worden sind. Genetisch steckt das wohl noch immer in den Knochen. Im Liedgut haben etliche Lieder über die nackten kleinen Negerlein bis heute überlebt. Die Leserbriefschreiber sorgen sich um die Nostalgie ihrer Kindheit und beschwören vordergründig das Zusammenbrechen der Literatur, dabei sollten sie einmal die Glotze ausschalten und die "Bild"-Zeitung aus der Hand legen, wie es sich für ein Volk der Dichter und Denker gebührt. Eine Leserbriefwelle brandet in die Redaktion des TV zur Rettung der "zehn kleinen Negerlein". Welcher Nerv ist da getroffen, wo sich doch die heutigen Neger längst als grandiose Fußballer in den europäischen Ligen Anerkennung verschafft haben, auch bei einfachen Gemütern, selbst im germanischen Fußball?! Aber die Gene! Als der grandiose dunkelhäutige Owens 1936 in Nazideutschland in Berlin bei den Olympischen Spielen vier Goldmedaillen gewann, kam es zu einer Schockstarre. Von wegen kleine Negerlein! Für die Urenkel von Lettow-Vorbeck, dem großen Kolonialhelden der Deutschen, empfehle ich das Buch "Neger, Neger, Schornsteinfeger" des Deutsch-Liberianers Hans-Jürgen Massaquoi, der seine Kindheit in Deutschland beschreibt. Wie wäre es mit einem rechtsgerichteten "Freundeskreis zur Rettung der zehn kleinen Negerlein"? Wir Deutschen haben Tausende von kleinen Negerlein der Herero in die Wüste getrieben, wo sie verdarben. Nein, nicht die Leserbriefschreiber, die wollen die letzten Negerlein päppeln. Natürlich ist Neger heute diskriminierend. Ich habe zwei Jahre in Schwarzafrika gelebt und gearbeitet und darf eine Meinung haben. Ich bin für die Beibehaltung von "Nigger Jim" bei Twain, aber was sich da als unterschwelliger Rassismus als schwüler Dunst aus den Leserbriefen erhebt, ist schwer erträglich. Ich bezeichne, anders als in diesem Brief, die Dunkelhäutigen als Farbige. Jörg Stein, Lötzbeuren

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