Gesellschaft

Zur Berichterstattung sowie zu Kommentaren und Leserbriefen über die Silvesternacht-Attacken in Köln und die Flüchtlingskrise:

Es lässt einen erschrecken: Politiker und Medien fallen gemeinsam über die Kölner Polizei her und erwecken bei den Bürgern den Eindruck, die Polizisten seien die wahren Täter der Silvesternacht, während man bei der Nennung der Verbrecher und deren Herkunft wie die Katze um den heißen Brei geht. Die Kölner Oberbürgermeisterin erwägt einen sittlichen Verhaltenskodex für Frauen, um die armen muslimischen Männer nicht zu provozieren und auf Distanz zu halten. Welch eine infame Umkehrung von Ursache und Wirkung. Fokussiert auf Köln, werden die brutalen Übergriffe auf Mädchen und Frauen in Stuttgart, München, Hannover und zahlreichen anderen Städten in Deutschland bagatellisiert oder weitgehendst nicht genannt. Ja, hat dort die Polizei auch versagt? NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und die Grüne Renate Künast leugnen, dass den Polizisten untersagt wäre, sich zu den Vorfällen, besonders aber zu der Herkunft der Täter zu äußern, und bezichtigen den Chef der Polizeigewerkschaft öffentlich, die Unwahrheit zu sagen. Ich weiß aus Gesprächen, dass es solche Direktiven gibt. In der Nähe meiner Heimatstadt wurde eine Frau von Flüchtlingen verprügelt und sexuell missbraucht. Ihr Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit durch Schläge entstellt worden. Den Beamten wurde untersagt, die Wörter "sexueller Missbrauch" und "Flüchtlinge" in ihrem Bericht zu benutzen. Kein Wort an die Presse oder an die Öffentlichkeit - die Angelegenheit wäre politisch zu brisant, hieß es von oberster Behörde. Wie sollen Sicherheitskräfte, die selbst verunsichert sind, den Bürger schützen? Als mitdenkender Zeitgenosse sehe ich klar, dass die Politiker den Ordnungskräften den Rückhalt verweigern und sie im Regen stehen lassen. Sie laden ihre verheerenden Versäumnisse in der Flüchtlingspolitik auf einen ganzen Berufsstand ab. Sie sind es, die aus Paris und Molenbeek nichts gelernt haben, wenn sie in Ballungsgebieten Scharen von Flüchtlingen unterbringen und gebetsmühlenartig wiederholen: Europa wird schon helfen. Es ist eine Schande, wenn der NRW-Innenminister seine Beamten der Unfähigkeit bezichtigt, sich selbst aber mit der lapidaren Aussage, die Gesundheitsministerin würde auch keine Blinddarmoperation ausführen, als Saubermann darstellt und sich aus der Verantwortung stiehlt. Aber dieses unwürdige Verhalten kennt man ja mittlerweile von zahleichen Politikern der unterschiedlichen Couleur. Horst Schorle, Ingendorf Die Nachricht von den Übergriffen in der Silvesternacht ging wie eine Schockwelle durch Deutschland und Europa. Damit erhält die Flüchtlingsdebatte eine deutlich verstärkte Heftigkeit und Schärfe, aber auch einen anderen Akzent. Bisher standen eher die Probleme der Unterbringung und Versorgung im Vordergrund. Nach den Vorfällen in Köln wird die Frage stärker an Bedeutung gewinnen, wie und ob wir diese Menschen aus einem anderen Kulturkreis in unsere Gesellschaft integrieren können. Denn ganz offensichtlich hängen die Vorfälle damit zusammen, dass hier Menschen aufeinandertrafen mit unterschiedlichen Welt- und Menschenbildern, entstanden durch unterschiedliche soziale und kulturelle Prägungen und Traditionen. Im Mittelpunkt der dadurch erzeugten Spannungen und ihrer gewaltsamen Entladung stand wohl konkret das unterschiedliche Frauenbild. Die europäischen Frauen, die in einem langen Kampf erst mit der stärkeren Säkularisierung ihre Gleichberechtigung weitgehend erreicht haben, unterscheiden sich deutlich von denen in dem Kulturkreis, aus dem diese jungen Männer kommen. Sie kleiden sich körperbejahender und körperbetonter, verhalten sich freier, unbefangener und selbstbewusster, feiern in der Öffentlichkeit und lassen ihre Lebensfreude deutlich erkennen. Anscheinend wurde dies von den Männern aus dem arabisch-islamischen Kulturkreis als Einladung zum Ausleben ihrer sexuellen Fantasien interpretiert und führte zu der Machtdemonstration ihres machohaften Selbstverständnisses. Die Übergriffe wurden noch unterstützt durch eine Einstellung, die in geschlossenen, weniger demokratischen Gesellschaften weit verbreitet ist. Die liberale Grundströmung in den offenen Gesellschaften des Westens, der Respekt des Staates vor den individuellen Freiheiten, die schwerfälligen und langwierigen Prozesse der Justiz, die Fehlurteile möglichst vermeiden sollen, die relativ milden Urteile bei Straftaten, das alles erweckt leicht bei Menschen, die in autoritären Gesellschaftssystemen aufgewachsen sind, den Eindruck der Dekadenz und der Schwäche, die man ausnutzen kann, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Die Vorfälle demonstrieren die Schwierigkeiten bei der Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft. Man kann menschliche Köpfe nicht so einfach entleeren und wieder mit neuen Inhalten auffüllen wie Gefäße. Zu dieser Umorientierung gehören unverzichtbar die Bereitschaft und die Fähigkeit der Betroffenen zur aktiven Mitarbeit. Eine stabile und dauerhafte Integration kann nur erreicht werden auf dem Wege der Überzeugung. Herbert Reichertz, Bleialf Als ehemaliger Anhänger von Angela Merkel frage ich mich, wie diese hochintelligente und eigentlich unideologische Frau zu ihren so folgenreichen Fehlentscheidungen in der Flüchtlingspolitik kommen konnte, sodass Deutschland inzwischen in Europa völlig isoliert ist. Ich denke, ein Erklärungsansatz ist ihre psychische Erschöpfung nach den extrem harten Auseinandersetzungen um die Griechenland-Krise. Sie hatte, nach den europaweiten Anfeindungen, wohl das tiefe Bedürfnis, jetzt auch mal "gut" zu sein. Vermutlich verstärkte die völlig überzogene "Herzlosigkeitskampagne" der Presse nach ihrem etwas ungeschickten Auftritt mit dem Palästinensermädchen in Rostock dieses Bedürfnis. Ein zweiter Erklärungsansatz ist, dass sie sich wohl grundsätzlich scheut, unpopuläre und harte Entscheidungen zu treffen. Denn ähnlich wie bei dem von ihr verhinderten Austritt Griechenlands aus dem Euro hat sie sich auch bei der Bewältigung der Flüchtlingsproblematik vor harten und unpopulären, aber langfristig besseren Entscheidungen gedrückt. Klar ist derzeit nur, dass Frau Merkel unrettbar in einem Käfig aus Selbstsuggestionen gefangen ist. Und dass sie inzwischen das zentrale Hindernis für eine Lösung der Flüchtlingsproblematik und damit für eine Befriedung unserer Gesellschaft ist. Denn ihr ist es gelungen, die CDU als Sprachrohr eines Teils der Bevölkerung weitgehend auszuschalten. Die Partei hat sich beim letzten Parteitag in Karlsruhe aus dem Prozess der politischen Willensbildung praktisch abgemeldet. Das Ergebnis ist, dass weiterhin eine Koalition aus linken Gutmenschen und politisch Korrekten, die zudem viele Medien kontrolliert, ihre Politik durchsetzen kann. Und dies, obwohl die Meinungsumfragen sagen, dass die Mehrheit der Bevölkerung diese Politik nicht mehr mitträgt. Dies ist eine geradezu unerträgliche Situation! Offensichtlich funktioniert unsere Demokratie nicht so gut, wie wir dachten. Die Parteien versagen bei der politischen Willensbildung, da sie den Willen des Volkes nicht mehr abbilden. Wir brauchen Volksbegehren und Volksentscheide immer dann, wenn sie mit hinreichendem Votum vom Souverän, dem Volk, gefordert werden. Nur so lassen sich solch existenzielle Krisen der Demokratie künftig vermeiden. Dr. Christian Fruböse, Trier

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