GESELLSCHAFT

Zur Berichterstattung und zu Leserbriefen über die Pegida-Proteste:

Dass Pegida, die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes, ausgerechnet in Sachsen so stark ist, wo es kaum Ausländer und Migranten und noch weniger Muslime gibt, kann nur auf den ersten Blick verwundern: Den Sachsen fehlt halt die Erfahrung, dass Fremde und Andersgläubige auch nur Menschen sind und weder besser noch schlechter als sie selbst. Pegida und ihre regionalen Ableger mit Vorsilben quer durchs Alphabet haben angeblich Angst vor einer drohenden Islamisierung, vor "Religionskriegen auf deutschem Boden", gar - wie weiland Oswald Spengler - vor dem Untergang des Abendlandes. Religionskriege gibt es hierzulande nicht mehr, und wo ist denn die Islamisierung? Dass ein paar Muslime hier leben und der Islam - wie andere Religionen auch - mittlerweile zu Deutschland gehört, ist noch keine Islamisierung. Dafür müsste schon die Scharia als Sondergesetz für Muslime hier eingeführt werden - oder gar als Gesetz für alle -, was beides strikt abzulehnen wäre. Salafistische Hetzer und Gewalttäter gehören natürlich hinter Gitter, ebenso wie ihre Kollegen von der braunen Fraktion. Aber die Wutkleinbürger in Dresden und anderswo mit ihren Schlandfahnen und -kreuzen sind ja generell gegen Ausländer, Migranten und Flüchtlinge, nach eigenem Bekunden aus Furcht vor einem möglichen Wertverlust ihres Eigenheims, obwohl die meisten von ihnen es sicher nicht verkaufen wollen. Und generell meinen sie, die Fremden hätten zu viele Rechte, so viele wie sie selbst oder mindestens fast. Nein, das sind nicht die "Selbstdenkenden, Aufgeklärten" (Hans-Joachim Selzer), sondern eher die Nichtselbstdenkenden, Desinformierten, Aufgehetzten, bestenfalls die grundlos Verängstigten. Zum Schluss: Wir alle, auch die Anhänger von Pegida & Co., haben zumindest einen alten Migrationshintergrund. Denn unsere frühen Vorfahren, ob Homo neanderthalensis - von dem wir noch ein paar Gene haben - oder Homo sapiens, sind sämtlich aus Afrika eingewandert. Robert Seidenath, Gusterath

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