Gesellschaft

Zu Berichten, Kommentaren und Leserbriefen über die Spionage-Affäre, die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA und den Schutz von digitalen Daten:

Die NSA-Affäre hat hoffentlich bei vielen das Bewusstsein geweckt, dass der Satz "Ich habe nichts zu verbergen" ein dummdreistes Argument zur totalen beziehungsweise totalitären Überwachung des Bürgers in einer sich freiheitlich nennenden Demokratie ist. Unsere moderne Gesellschaft ist eine digitale: Viel Privates ist in PCs; Konzerne, Universitäten, Krankenhäuser, Finanzämter und so weiter haben Daten über sich und uns gespeichert; eine Trennung zwischen Öffentlichem und Privatem ist essenziell für jede Demokratie; die digitalen Massenüberwachungssysteme sind eine Bedrohung der Meinungsfreiheit und der offenen Gesellschaft, der Datenschutz eine Voraussetzung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Grundgesetz Artikel 2). Mit der millionenfachen Ausspähung unserer Daten haben die USA ihre eigenen Gründerideale torpediert, ihre Integrität zerstört und das Vertrauen missbraucht. Was soll da das Sich-Berufen auf die "deutsch-amerikanische Freundschaft" bewirken? Freundschaft ist weder eine politische noch eine juristische Kategorie. Staaten haben Interessen, die sie durchsetzen wollen. So erklärte der US-Geheimdienstdirektor James Clapper, Spionage gegen befreundete Regierungen diene letztlich dem Schutz der Amerikaner. Und wer schützt uns? Laut Grundgesetz Artikel 56 und 64 leisten Bundespräsident und Bundeskanzler(in) folgenden Amtseid: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. (So wahr mir Gott helfe.)" Wenn Angela Merkel diesen Eid nicht brechen will, muss sie handeln. Sie müsste mindestens für den Aufbau einer europäischen Digitalinfrastruktur sorgen, die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA auf Eis legen und - last but not least - Edward Snowden Asyl in Deutschland gewähren; denn "Snowden ist ein Held, kein Verräter" (Axel Schäfer, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag). Dies wäre ein Druckmittel, so dass sich die USA fragen müssten, was für sie wichtiger ist: umfassende Spionage oder Verbündete? Norbert Bogerts, Welschbillig

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