Gesellschaft

Zur Trennung von Bettina und Christian Wulff (der TV berichtete mehrfach) diese Meinung:

Da hatten sich zwei gefunden und fast schon erwartungsgemäß wieder verloren. Zwei, die sich gleichen, die sich in ihren Lebensentwürfen kaum nachstehen. Der eine ist möglicherweise dünnhäutig, die andere robust, in ihrer Grundeinstellung schenken sie sich vermutlich nichts: Wirtschaftsjurist der eine, gegebenenfalls als moderner Ritter ein Verteidiger wirtschaftlicher beziehungsweise konkreter Firmeninteressen, also der Interessen der modernen Lehnsherrn, die andere stellt Firmen in der Öffentlichkeit im besten Licht dar wie die mittelalterliche Priesterschaft die Feudalherren. Er erschien mir noch vor seinem hohen Amt als angepasster, karrierebewusster und in eigener Sache vorteilsoffener Zeitgenosse; sie erweckt nun deutlicher als vorher in mir den Eindruck einer ichsüchtigen, auf Unabhängigkeit, Wohlstand und Attraktivität ausgerichteten Zeitgenossin. Er wirkt nicht wie ein Albert Schweitzer und sie nicht wie eine Mutter Theresa. Damit möchte ich nicht sagen, dass sie Bösmenschen sind, aber Menschen dieser Zeit, dieser Gesellschaft, einer modernen, wie man sagt. Sie glauben zu wissen, wo es langgeht. Stottert bei so gearteten beziehungsweise so gewordenen Menschen irgendwann der Karriere-Motor, fällt er sogar ganz aus, und zeigt die Egomanie-Maschine Ermüdungserscheinungen, dann bricht das Gefährt, das landläufig als Ehe bezeichnet wird, auseinander. Der Zerfall einstmals bürgerlich-christlicher Werte fördert die (Ehe-)Brüche in dieser Gesellschaftsschicht. "Bis dass der Tod euch scheidet", "Treue", "in guten wie in schlechten Tagen" - ach du wertvoller Mammon, ach du teure Selbstverwirklichung, ach du lieber Ich-Bezug, das sind doch Sprüche aus Großelternzeiten. Der moderne Karrierist, die moderne, selbst- und ichbewusste Power-Frau hat so etwas aus dem Tugendbuch gestrichen, das leistet man sich in der Leistungsgesellschaft nicht mehr. Immerhin gibt es noch das (mit Rücksicht auf einen gewissen gesellschaftlichen Erwartungsdruck?) gezeigte Verantwortungshandeln dem gemeinsamen Kind gegenüber, das schon jetzt die geeigneten Vorbilder für sein künftiges Leben in dieser modernen Gesellschaft hat - so und so. Vielleicht ist es jedoch lernfähig und dann aufmüpfig. Michael Wilmes, Ralingen

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