Gesellschaft

Zur Berichterstattung über die Flüchtlingskrise, zum politischen Streit um eine Lösung und zu den tieferen Ursachen:

Wir kaufen uns Schuhe "Made in Taiwan". Wir telefonieren nach China oder Amerika. Wie denken global, aber nicht weiter hinaus. Wir denken nicht über Bedingungen in armen Ländern nach, weil: ist ja weit weg. Aber passiert etwas wie in Paris oder Brüssel, dann schauen wir hin, weil: ist ja in der Nähe. Das, was in Brüssel passiert ist, findet in Syrien, Mali oder Irak täglich statt, und es ist für uns nicht wichtig, weil: ist ja weit weg. Aber dann kommen auf einmal Flüchtlinge über die Grenzen unserer Länder und überschreiten die Grenze unserer Wahrnehmung. Köln steht als Symbol für das Pauschalisieren von Flüchtlingen zu Gewalttätern. Die Mehrzahl derer, die kommen, sind nicht "Köln", sie flüchten aus Leid und Not und kommen zu uns in "Peace" und "Respekt". Wir sprechen über Zahlen, 200 000 und 1 000 000. Wir fordern Grenzen und Pflichten für die "Refugees". Wir reden ohne Sinn, ohne Verstand, ohne Herz. Wir machen aus Menschen wie du und ich eine Zahl von vielen, doch vergessen den Menschen, sein Herz und seine Geschichte. Wir reden über Grenzen und vergessen diese Menschen. Wir schließen uns und unser Herz. Wir schüren Ressentiments, werden zu Rassisten und schließen die Grenzen und vergessen die Menschen, die Menschen wie du und ich. Sie brauchen unsere Hilfe, es heißt schließlich: Geben und Nehmen und nicht Nehmen. Oder wie es Anne Frank in ihrem Tagebuch erwähnt hat: "Niemand ist je vom Geben arm geworden." Wir schauen weg. Wir nennen uns Patrioten, dabei sind wir primitive Rassisten. Wir sind erwachsen und lehren Kinder das Weinen. Wir vergessen, wer wir sind. Wir vergessen unser Herz. Wir vergessen uns, den Menschen. Maximilian Herzog, Minheim

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort