GESUNDHEIT

Zu den Artikeln "Bis 2020 macht in der Region die Hälfte aller Arztpraxen dicht" (TV vom 27. Oktober) und "Zwei Mediziner sind zu viel für eine Praxis\'" (TV vom 28. Oktober):

Die Zahlen sprechen für sich, und schon jetzt haben wir auch in Trier die Situation, dass Arztpraxen schließen ohne Nachfolger und die Patienten sich einen neuen Arzt suchen müssen. Derzeit verteilen sich diese Patienten so, dass es kein Problem darstellt. Aber wenn 50 Prozent der Arztpraxen wegfallen, können das die anderen Ärzte nicht mehr schultern. Über Jahrzehnte haben Politik und Krankenkassen durch die chronische Unterfinanzierung, insbesondere aber durch die Verlagerung des Krankheitsrisikos auf die niedergelassenen Ärzte (etwa durch Arzneimittelbudgets mit der Gefahr von Rückzahlungsforderungen der Krankenkassen an den Arzt) und die zunehmende Bürokratisierung, maßgeblich zum Ärztemangel beigetragen. Dass Frau Kleis hier den Kopf in den Sand stecken muss, ist mehr als verständlich, sonst müsste sie ja als Konsequenz einen eigenen Beitrag zur Bekämpfung des Ärztemangels leisten. Da in der Tat viele junge Ärzte das unternehmerische Risiko einer eigenen Praxis nicht mehr eingehen wollen, stellen Medizinische Versorgungszentren eine wichtige alternative Versorgungsform dar. Derzeit ist es aber so, dass eine Arztpraxis nur dann wirtschaftlich betrieben werden kann, wenn der Arzt übermäßig viel arbeitet (in Deutschland durchschnittlich 55 Stunden pro Woche). Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), in dem angestellte Ärzte 38,5 Stunden pro Woche arbeiten, rechnet sich nicht. MVZ sind derzeit nur für Krankenhäuser attraktiv, unter anderem um ambulante Operationen besser abbilden zu können, vor allem aber, um stationäre Patienten zu generieren. Eine flächendeckende haus- und fachärztliche Versorgung ist hiermit sicherlich nicht möglich. Dass die Politik jetzt eine Vier-Wochen-Frist für Facharzttermine fordert, ist in Anbetracht der im Artikel genannten Zahlen ein schlechter Witz! Dr. med. Walter Gradel, Trier-Ehrang, Vorsitzender Vertragsärztliche Vereinigung Trier, Stellv. Vorsitzender MEDI-Südwest Für den Bereich Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach geht die Kassenärztliche Vereinigung von 44 646 Menschen als potenzielle Patienten aus. Für die gibt es momentan statistisch 32,25 Hausärzte. Geht man von 20 Arbeitstagen pro Monat aus, muss jeder Arzt pro Tag 70 Patienten versorgen. Bei der Berechnung der KV von 27,79 Ärzten für besagte 44 646 Menschen hätte jeder Arzt 80 Patienten pro Tag. Setzt man die tägliche Arbeitszeit auf acht Stunden fest, hat der Arzt für jeden Patienten sechs Minuten Zeit. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht wohl anders aus. Ein Arzt ist gut, ein anderer vielleicht ein "Pferdemetzger". Somit hat der gute möglicherweise mehr Patienten als der andere. In der freien Wirtschaft regelt sich so etwas meist von selbst. Entweder überlebt der Bäcker mit dem billigsten Brot (Discounter) oder jener mit der besseren Qualität (Familienbetrieb/Dorfbäcker). Man stelle sich die kassenärztlichen Machenschaften mal an der Brottheke vor: Am Monatsanfang hat der Bäcker viel Mehl (ein großes Budget) und kann viel Brot backen, das er schnell verkauft. Zum Monatsende hin wird das Mehl knapp, dann müssen die Kunden hungern. Wer ist diese Kassenärztliche Vereinigung? Ärzte, die sich zu einer Vereinigung zusammengeschlossen haben? Und mit welchem Sinn? Ihre Kollegen zu nerven und zu ärgern? Vielleicht machen ein paar Ärzte gerne viele Untersuchungen und verschreiben viele Medikamente, obwohl nicht alles davon für die Patienten notwendig wäre. Es soll aber auch Patienten geben, die wirklich in einer ärztlichen Total-Überwachung stehen und Medikamente brauchen. Wie könnte man dies kontrollieren? Indem man neben jeden Arzt einen Sachverständigen als Aufpasser setzt? Sollte das die Lösung sein? Oder steht "KV" einfach nur für "Kannste vergessen"? Könnte man vielleicht die KV abschaffen und mit dem frei werdenden Geld weitere Ärzte einstellen, damit es in der (Hausarzt-)Praxis nicht wie am Fließband abläuft? Robert Goergen, Oberweis

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