GESUNDHEIT

Zum Artikel "Wer heilt, hat recht" (TV vom 8./9. November) und zur Diskussion um die Homöopathie:

Als Narkosearzt hat mich das Beispiel mit der Akupunkturnarkose sehr amüsiert. Operationen mit Akupunktur als alleinige Betäubung sind nicht möglich. Alle gegenteiligen Behauptungen waren Betrug. Ich würde auch niemandem raten, das zu probieren. Von Alternativmedizin zu reden, ist also inkorrekt. Es gibt keine Alternative zur Blinddarmoperation (außer natürlich man möchte sterben). Korrekte Begriffe sind Pseudo- oder Paramedizin. Das Argument, dass Homöopathie auch bei Tieren wirke und dass man hier einen Placebo-Effekt sogar ausschließen könne, ist schlicht falsch. Der Placebo-Effekt bei Tieren und Neugeborenen ist schon lange wissenschaftlich belegt und erklärt. Es handelt sich um Übertragungseffekte des Besitzers oder der Eltern. Ich würde dem Kollegen raten, sich besser über dieses Thema zu informieren. Unter allen paramedizinischen Methoden ist die Homöopathie die absurdeste (sie ist im direkten Widerspruch zu unserer pharmakologischen Ausbildung). Die weitverbreitete Anwendung unter Ärzten ist eine Schande für unseren Berufsstand. Patienten sollten erwarten können, von uns korrekt beraten zu werden. Stattdessen werden ihnen Zuckerkügelchen verschrieben. Wer heilt, der hilft vielleicht, hat aber noch lange nicht recht. Wer als Arzt Paramedizin anwendet, belügt seine Patienten. Vielleicht mit guter Intention, aber das bringt die Menschheit nicht weiter. Wir brauchen mündige Patienten mit einem neuen Gesundheitsbewusstsein. Die meisten "Erkrankungen" müssen gar nicht behandelt werden, sondern bessern sich von alleine. Den Placebo-Effekt manchmal zu nutzen, ist prinzipiell richtig (solange es dem Arzt bewusst ist), aber das geht auch billiger, ohne die Multi-Millionen-Euro-Homöopathie-Industrie zu bereichern. Dr. Boris Regenbogen, Wittlich

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