Gesundheitswesen

Leserbrief zum Artikel "Gegner der Pflegekammer ziehen vor Bundesverfassungsgericht" (TV vom 2. August):

Die Einrichtung der rheinland-pfälzischen Pflegekammer ist ein Meilenstein für die professionelle Pflege! Die anhaltenden Debatten um Für und Wider der Pflegekammer sind endlos, emotionsgeladen, nicht selten polemisch, ideologisch überzogen und von erschreckend großer Unwissenheit geprägt. Tiefschwarze Szenarien werden beschworen, die gerade in den sozialen Netzwerken immer schrillere Ausmaße annehmen. Die angestrebte Verfassungsklage mutet da wie hemmungsloser Aktionismus an. Auch die Killerphrasen der Linken-Abgeordneten Katrin Werner als Verdi-Mitglied sind nicht zukunftsorientiert. Anbei einige sachliche Erklärungen in dieser hitzigen Phase. Jede Kammer in Deutschland finanziert sich über die Beiträge ihrer Mitglieder. Eine "finanzielle Last" stellen die Beiträge wohl kaum dar, zumal sie auch steuerlich absetzbar sind. Worin liegt der Benefit dieser (Zwangs-) Mitgliedschaft"? Von den geschätzten 1,3 Millionen Pflegefachkräften in Deutschland sind nur etwa 100 000 in einem der 16 Berufsverbände organisiert (vgl. DBFK 2016). Das bedeutet, dass die Pflege insgesamt in Deutschland schlecht organisiert ist. Wer nicht oder nur gering organisiert ist, kann wenig Einfluss nehmen und sieht am Ende machtlos zu, wie die Pflegeunkundigen (so traditionell geschehen) Entscheidungen treffen. Es muss also klar sein, dass die Pflege viel mehr Einfluss auf die Entwicklungen nehmen muss als in der Vergangenheit geschehen. Mit der gesetzlichen Grundlage zur Mitgliedschaft in der Pflegekammer wird der größten Berufsgruppe im Gesundheitswesen endlich die Chance der Gemeinschaft und der Mitbestimmung eingeräumt. Damit erhalten Pflegende ein längst überfälliges Mitspracherecht, zum Beispiel bei der Finanzierung des Gesundheitswesens. Die Experten für Pflege sind wir Pflegende nämlich selbst. Die Aussage "Es wurde nicht abgestimmt und wir wurden nicht informiert" bedarf indes der Korrektur. Alle Pflegepersonen in Rheinland-Pfalz waren zur Abstimmung "Ja oder Nein zur Pflegekammer" aufgefordert. Es erfolgte eine breite Information über sämtliche Medien bis in die Pflegeeinrichtungen hinein. Einige Einrichtungen hatten jedoch wenig Interesse an der Weitergabe dieser Informationen. Die vielfältigen Chancen zur Information wurden an manchen Stellen schlichtweg vertan! Das Verfahren zur Beteiligung an der Abstimmung basierte entsprechend unserem demokratischen Verständnis auf Freiwilligkeit (bedauerlicherweise haben wir keine Wahlpflicht). Am Ende fiel die Beteiligung relativ gering, das Ergebnis aber sehr eindeutig aus. Darüber hinaus braucht gute Pflege regelmäßige Fortbildungen! Stetige Entwicklungen, neue Erkenntnisse in Pflegeforschung und Medizin erfordern eine proaktive Kultur von lebenslangem Lernen. Hier alleine auf Freiwilligkeit zu setzen, wäre vermessen, wenn es darum geht, die Bevölkerung vor unzureichender Pflegequalität zu schützen. Die Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu sammeln, ist eine geeignete Maßnahme, diesem Qualitätsaspekt gerecht zu werden. Es braucht noch einige Zeit, um zu einer starken Solidargemeinschaft "Pflegekammer" zusammenzuwachsen. Antoine de Saint-Exupéry sagte: "Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen - denn Zukunft kann man bauen". In diesem Sinne lassen Sie es uns gemeinsam angehen! Brigitte Maßem, Gesundheits- und Krankenpflegerin, Studierende Pflegemanagement B. A.; Trier

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