Gleichmacherei statt Gerechtigkeit

Zum Kommentar "Falsche Erwartungen" (TV vom 10. März):

Die Bemerkung, dass die Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die Reform ausgehandelt habe und sie jetzt nur das Geld richtig verteilen müsse, entspricht nicht der Realität. Die Vorgaben der Honorarverteilung wurden vom Gesetzgeber erstmalig in das Sozialgesetzbuch V geschrieben, und nach diesen gesetzlichen Vorschriften muss die KV das Geld verteilen. Hierbei wurde der Vorschlag der Krankenkassen umgesetzt, ein sogenanntes Regelleistungsvolumen für Ärzte einzuführen. Das heißt, es wird der durchschnittliche Leistungsumfang eines Arztes zu einem Durchschnittswert gebildet. Die daraus resultierende Geldmenge bestimmt die Regelversorgung der Patienten in einem Quartal. So erhält ein Gynäkologe für die Regelversorgung seiner Patientin 17 Euro im Quartal. Die KV hatte diesen Vorschlag abgelehnt, denn dieser Durchschnittswert ist das Kernproblem der Unzufriedenheit der Ärzte. In einem Durchschnitt können niemals die Vielfalt der Praxisstrukturen mit unterschiedlichen Patienten, das Leistungsspektrum der Ärzte und die Standortfaktoren berücksichtigt werden. Man hat also nicht mehr Gerechtigkeit, sondern nur eine "Gleichmacherei" eingeführt.

Leistungen, die ein Arzt zusätzlich erbringt, werden mit einem geringeren Wert vergütet. Das sorgt, verständlicherweise, für Unmut bei den Ärzten. Die Bereitschaft, mehr als die Regelversorgung zu leisten, sinkt. Natürlich auch zulasten der Patienten. Zudem muss endlich einmal wahrgenommen werden, dass dem scheinbar unbegrenzten Leistungsversprechen gegenüber den Versicherten letztlich weiterhin begrenzte Geldmittel zur Verfügung stehen. Und genau hierüber muss die gesamtgesellschaftliche Diskussion geführt werden. Die KV jedenfalls kann nur das Geld verteilen, das die Krankenkassen insgesamt bereitstellen.

Dr. Michael Siegert, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz

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