Soziales Große Chance vertan

Zum Artikel „Ministerin: Keiner Kita soll es schlechter gehen“ (TV vom  6./7.Oktober) schreibt Erni Schaaf-Peitz:

Die Mainzer Koalitionsparteien von SPD, FDP und Grünen haben sich im Rahmen des Koalitionsvertrages auf die Novellierung des rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes geeinigt. Das neue Kindertagesstättengesetz gehört zu den bedeutsamsten Projekten der 17.Wahlperiode. „Ein neues Kita-Gesetz für Rheinland-Pfalz: Qualität stärken – Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken.“

Die Gewerkschaften und die Kirchen als Träger von Kitas haben kontinuierlich während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens auf die Dringlichkeit einer deutlichen Qualitätsentwicklung hingewiesen und insbesondere auf eine angemessene verbesserte Personalbemessung beziehungsweise Fachkraft-Kind-Relation.

Die Ministerin bedauert im Gespräch mit dem TV: „Dass sich nicht alle hinstellen und sagen, es ist ein richtig gutes Gesetz, finde ich schade. Aber das war zu erwarten, und es gehört zum Geschäft und zur üblichen Begleitmusik in einem Gesetzesverfahren.“

Die Gewerkschaften vertreten die  Beschäftigten in den Kitas, und aus der Praxiserfahrung heraus können sie diesen Gesetzesentwurf insgesamt nicht positiv bewerten und ihm zustimmen. Es geht hier nicht um „Begleitmusik“, sondern um eine sachliche und fachliche Auseinandersetzung mit der dringend notwendigen Qualitätsverbesserung.

Diese lässt sich im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht in den Kernpunkten erkennen. Ausweitung der Beitragsfreiheit, Stärkung der Elternmitwirkung, Festschreibung der Partizipation von Kindern, Verankerung von Leitungstätigkeit sowie Praxisanleitung und Tarifbindung bei den Personalmittelzuweisungen können durchaus als begrüßenswerte Entwicklungen im Kita-Zukunftsgesetz angesehen und als gut bezeichnet werden.

Jedoch die dringend notwendige Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation findet sich im Gesetzesentwurf nicht. Die im Entwurf angestrebte Personalbemessung erfährt zwar neue Grundlagen, bleibt aber auf etwa heutigem Stand festgeschrieben. Ebenso bleiben verbindliche Stundenkontingente für Leitungstätigkeit und Praxisanleitung von Praktikanten deutlich hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück.

Damit ist eine große Chance vertan, das rheinland-pfälzische Kita-Gesetz von 1991 in der jetzigen Novellierung zu einem Kita-Qualitätsgesetz zu entwickeln.

Die Erzieherinnen und Erzieher haben über Jahre hinweg um die Aufwertung der Kindertagesstätten zur frühkindlichen Bildungseinrichtung sowie um die Aufwertung ihres Berufes gekämpft. Die Gewerkschaften haben das eingebracht. Nun ist es an der Zeit, die entsprechenden Rahmenbedingungen sowie Arbeitsbedingungen zu schaffen. Es muss einen Ruck geben, verbunden mit einem angemessen und zwingend notwendigen Qualitätsschub!

Erni Schaaf-Peitz, Erzieherin und Leiterin einer Kita, Wittlich

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