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Zum Prozess gegen den Wikileaks-Informanten Bradley Manning (wir berichteten):

Da ist er wieder: der Beweis, dass die Vereinigten Staaten von Amerika kein Rechtsstaat sind. Bradley Manning, in 19 Punkten der Anklage von einem Militärgericht schuldig gesprochen, erwarten bis zu 100 Jahre Haft dafür, dass er Hinrichtungen von Zivilisten durch amerikanische Soldaten veröffentlicht hat. Gleichzeitig saß im Moskauer Flughafen Edward Snowden fest, obwohl er den weltweiten Prism-Überwachungsapparat aufgedeckt hat. Da ist er wieder: der Beweis, dass Russland kein Rechtsstaat ist. Alexei Nawalny: verurteilt wegen Bereicherung. In Wahrheit jemand, der die Macht des russischen Präsidenten Wladimir Putin brechen würde, wenn man ihn gewähren ließe. Alle geschilderten Fälle laufen politisch motiviert und unfair ab. Der Unterschied zwischen den Ländern ist lediglich, dass die fehlende Rechtsstaatlichkeit in Russland der Festigung der Diktatur Putins dient, in den USA hingegen dem Ziel der Verteidigung der Freiheiten der Armee und des Images der Unfehlbarkeit des amerikanischen Staates. Wir Deutsche sollten uns endlich davon verabschieden, die USA als unantastbar zu betrachten. Es gibt in den USA die Militärgerichtsbarkeit, die Soldaten von Kriegsverbrechen und unsittlichen Übeltaten freispricht, seien es Zivilistenhinrichtungen im Irak oder Vergewaltigungen von Frauen in der Armee. "Verräter" wie Bradley Manning werden verurteilt. Diejenigen aber, die dieser gar als Mörder entlarvt, werden nicht einmal angeklagt. Die Möglichkeit der Opfer, vor Zivilgerichten zu klagen, besteht in den USA nicht. Alle "Enthüllungsprozesse" sind von höchster Stelle, von Obama diktiert. Die Justiz ist nicht unabhängig. Die Gewaltenteilung versagt. Zentrales Problem auch, dass eine republikanische Partei der strikten Patrioten existiert und eine demokratische, die kurz aufschreit, dann aber intensiver denn je den Unrechtsstaat vorantreibt. Es fehlt im Mehrheitswahlrecht die Möglichkeit, dass sich eine neue, Missstände anprangernde Partei, wie hier seinerzeit die Grünen, konstituieren und aktiv in das politische System eingreifen, Strukturen aufbrechen kann. So muss Druck von außen kommen. Längst ist Deutschland ein starker, selbstständiger Staat. Wir haben weder 1949 noch 1989, sondern 2013. Der Kalte Krieg ist Geschichte. Wir müssen unsere eigenen Positionen suchen und finden. Die Bundesregierung steht in der Pflicht, den Unrechtsstaat USA anzuprangern und Regierungshandeln zu kritisieren. Unkonventionelle Maßnahmen wie eine Aufnahme Edward Snowdens in ein Zeugenschutzprogramm wären klare Zeichen der Bereitschaft, sich für politisch Verfolgte, für Menschenrechte einzusetzen. Auch gegen Russlands Verfehlungen haben sich Merkel und Westerwelle klar zu positionieren. Die USA aber sind kein Stück besser als Russland. Deutschland muss hier Leitlinien für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit formulieren. Die Bundesregierung tut dahingehend leider gar nichts. Die Außenpolitik orientiert sich alleine an Waffenexporten und Profitgier. Es braucht eine neue, faire und souveräne deutsche Außenpolitik des 21. Jahrhunderts. Damian Gindorf, Tutzing

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