Gut ausbilden, gut bezahlen

Zum Artikel "Die Schüler sollen leben lernen" (TV vom 17. Juli):

Wirklich sehr lobenswert, was die Bundes-Drogenbeauftragte da vorschlägt (leider hat sie ja keine Entscheidungsbefugnis für solch edle Pläne, die in den parlamentarischen Mühlen zermahlen werden). Indes: Mir geht der Vorschlag nicht weit genug. Die Schüler sollten vor allem das "Elternsein" lernen. Insofern stimme ich auch mit TV-Redakteur Miguel Castro überein. Auch ich finde es nicht gut, dass Lehrer Eltern-Rollen übernehmen sollen. Aber wer soll es denn sonst machen? Die Eltern selbst? Hat die derzeitige Elterngeneration wirklich überwiegend das Elternsein gelernt und ist in der Lage, diese Aufgabe so auszuüben, dass Kinder optimal aufs Leben vorbereitet werden? Und selbst wenn, hat die Elterngeneration denn überhaupt noch die Zeit und Kraft, dies zu leisten? Wer ist nicht auf einen zweiten Verdienst in der Familie angewiesen? Wo kommen Kinder denn noch nach der Schule in ein Zuhause, in dem das Essen warm auf dem Tisch steht, wo zumindest ein Elternteil sich um sie kümmert? Wo macht nicht der Freizeitstress von Kindern und Eltern ein prägendes Miteinander zur Seltenheit? Sind wir noch Vorbilder für das Werteverständnis, das es braucht, damit unsere Kinder gute Eltern werden?

Die Entfremdung zwischen Kindern und Eltern wird nicht zuletzt auch durch das Streben nach umfassender Ganztagsbetreuung außerhalb des Zuhauses begünstigt. Da erscheint mir eine nahezu vollständige Verlagerung der humanistischen Erziehung in Schulen und Kitas die einzig logische Konsequenz - dann aber bitte ausgestattet mit vielen motivierten, gut ausgebildeten und auch gut bezahlten Menschen! Unser System stopft immer nur Löcher, anstatt die Ursachen anzugehen. Vorbeugende Maßnahmen finden nur in kleinen Inselprojekten statt, die chancenlos bleiben, weil sie bei Geldknappheit ohne Rücksicht auf langfristige Erfolgsaussichten wieder eingestampft werden. Wir müssen jetzt handeln, damit die nächste Elterngeneration keine zwei Verdienste mehr braucht, um einen zufrieden machenden Lebensstandard zu haben.

Christoph Neis, Gillenfeld

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