Rechtschreibung Haarsträubend, unverantwortlich

Zum Artikel „Lehrerverband fordert schlechtere Noten bei zu vielen Schreibfehlern“ und zum Interview „,Dann frage ich meist nett nach einem Edding-Stift ...’“ (TV vom 12. August) schreibt Leonore Hardes:

In unserer Familie beginnt nun für zwei Enkelkinder der „Ernst des Lebens“, und der auch noch in zwei verschiedenen Bundesländern, nämlich Hessen und Nordrhein-Westfalen. Unser Oskar kommt jetzt in die zweite Klasse und hat mit dem Schreiben „nach Gehör“ begonnen. Mit dem Erfolg, dass sich alle Nackenhaare zu Berge stellen, wenn man sieht, dass er trotz guten Willens haarsträubende Fehler macht. Ich bin über diese Methode so erzürnt, dass ich diejenigen, die diesen unverantwortlichen Murks ersonnen haben, am liebsten vor dem Kadi wegen fahrlässiger Körperverletzung anklagen würde. Man fragt sich immer wieder, wie unsere Kinder eine gescheite Rechtschreibung lernen sollen, wenn man zum Beispiel auf Schritt und Tritt beim Gang durch die Stadt, wie von Susanne Lin-Klitzing richtig bemerkt, diesem vermaledeiten Genitiv-S, welches im Englischen an das Wort angehängt wird, im Deutschen aber als Auslassungszeichen für einen Buchstaben steht, überall begegnet. Was denken sich die Menschen nur, unsere Schrift so zu vergewaltigen? Will man damit vielleicht seine Weltoffenheit dokumentieren?

Und wenn ich nun schon einmal dabei bin, mich unbeliebt zu machen (von wegen Oberlehrerin, Besserwisserin), gestatten Sie mir eine weitere Bemerkung. Die Nachricht, dass ein kleiner Junge im Frankfurter Hauptbahnhof oder auch der Freund einer jungen Frau im Trierer Hauptbahnhof aufs Gleis „geschubst“ wurden, fordert einen Kommentar meinerseits heraus. Unter dem Wort „schubsen“ versteht man landsmannschaftlich „stoßen, schieben“. Ich glaube, eine Verniedlichung, dass man in beiden Fällen jemanden durch einen „Schubser“ (Stoß) aufs Bahngleis befördert hat, ist in beiden Fällen nicht angebracht.

Wäre man sich in der Redaktion der Herkunft des Wortes bewusst gewesen, hätte man diesen Fehler vermeiden können.

Leonore Hardes, Trier

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