Herzlichen Glückwunsch

Zum Artikel "Unbequemer Mahner" (TV vom 22. Februar):

Vermutlich wird unserem Staatsoberhaupt von den Gestaltern der neoliberalistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zum 70. Geburtstag, womöglich in der zweiten Amtszeit, der Heiligenschein verliehen. Zuvor aber noch ein kleines "Sündenregister":Als Finanzstaatssekretär "gelang" ihm im Zuge der Wiedervereinigung eine missratene Währungsunion mit der Belastung der Steuerzahler in Höhe von rund 200 Milliarden Euro. Zuständig auch für die Treuhand, verschleuderte er Milliarden, weil er sich bei der Veräußerung der ehemaligen DDR-Banken an Westbanken von denen über den Tisch ziehen ließ. Das wurde sogar vom Bundesrechnungshof moniert. Köhler trägt meines Erachtens eine Mitschuld an der Vernichtung der ostdeutschen Wirtschaftseinheiten, die über die Treuhand als "nicht sanierungsfähig" abgewickelt und der westdeutschen Wirtschaft "als Konkurrenten aus dem Weg geräumt" wurden. Auch er gehörte zum Melkmaschinen-System, das durch Wiedervereinigungslasten und Fremdrentenlasten den deutschen Sozialsystemen so zugesetzt hat. Er war auch Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Südamerika in den Ruin und osteuropäische Länder nahe daran geführt hat. Er hat Schröders und Münteferings fadenscheinige Neuwahl-Entscheidung getragen und als Staatsoberhaupt nach meiner Meinung in unverantwortlicher Weise und in "missionarischem Eifer", das neoliberalistische Modell des Zusammenlebens durchzusetzen, Deutschland schlecht geredet. Heute beklagt er, wie schrecklich die Deutschen ihr Sozialsystem überfordern, zu dessen Krise er maßgeblich beigetragen hat, und wird nicht müde, die Reformen zur Umverteilung von unten nach oben zu verteidigen. Herzlichen Glückwunsch, aber nur zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Winfried Ehlen, Graach bundespräsident

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