Hol' mir mal 'ne Flasche Bier

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Thomas Brück schreibt per E-Mail: Vielleicht sollte man dem einen oder anderen Redakteur mal den Unterschied zwischen "holen" und "nehmen" erklären. Kürzlich hieß in einem Artikel: "Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) hat gute Chancen, ins Schattenkabinett des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier GEHOLT zu werden." Das stimmt doch so nicht, oder!?

Lieber Herr Brück,

vielen Dank für Ihren Hinweis. Über den Gebrauch der Verben "nehmen" und "holen" im Moselfränkischen wird - zu Recht - viel gelästert. Das Trie rer Land gilt als "Hol-land". Ja, ja, man nimmt sich nicht das Leben, man holt es sich. Und bestimmt kommt es vor, dass im TV das eine mit dem anderen verwechselt wird.

In diesem Fall nehme ich den Mund aber nicht zu voll, wenn ich behaupte, dass holen seliger denn nehmen ist. Will sagen: Die Formulierung ist kein sprachliches Glanzlicht, aber grammatikalisch in Ordnung. Nicht korrekt wäre dagegen:

"Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) hat gute Chancen, ins Schattenkabinett des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier GENOMMEN zu werden."

Wenn wir die Satz-Konstruktion auf die Kernaussage beschränken, wird es deutlicher.

Richtig: "Steinmeier HOLT Ahnen in sein Schattenkabinett."

Falsch: "Steinmeier NIMMT Ahnen in sein Schattenkabinett."

Ein vergleichbares Beispiel:

Richtig: "Bayern München HOLT neuen Wunderstürmer."

Falsch: "Bayern München NIMMT neuen Wunderstürmer."

Oder ein Bonmot, für das der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder berühmt geworden ist, weil Stefan Raab es verulkte:

Richtig: "HOL' mir mal 'ne Flasche Bier."

Falsch: "NIMM mir mal 'ne Flasche Bier."

Worin besteht der Unterschied? Der Autor Bastian Sick ("Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod") hat sich an einer Definition versucht, und die geht so: "Wer sich Milch aus dem Kühlschrank nimmt, der steht bereits direkt davor. Wer sich Milch aus dem Kühlschrank holt, der muss erst noch zum Kühlschrank gehen. Beim Nehmen, so könnte man vereinfachend festhalten, kommen die Hände zum Einsatz, beim Holen sind außerdem die Füße beteiligt. Allerdings passt diese Definition nicht immer, denn zum Luftholen benötigt man weder die Hände noch die Füße. Und wer Abschied nimmt, der lässt sogar los, statt festzuhalten."

Die köstliche Kolumne von Sprach-Guru Sick finden Sie im vollen Wortlaut unter http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,4629 08,00.html im Internet.

Viel Spaß bei der Lektüre und ein schönes Wochenende!

Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur

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