leserbriefe Im innersten Kern erschüttert

Zum Artikel „Ackermann würdigt Papst-Brief“ und zu sexuellem Missbrauch durch Geistliche in den USA und in Chile (TV vom 22. August) schreibt Luise Battenberg:

Ich, eine alte Frau, bekenne mich schuldig: Ich bin gläubige Katholikin und habe während meines Lebens äußerst liebenswürdige und fürsorgliche Christen, Ordensfrauen, Ordensmänner, auch Priester kennengelernt – und bin gerade deshalb im innersten Kern erschüttert von dem, was euphemistisch „sexueller Missbrauch“ genannt wird. Was ist passiert, das mir den Schlaf raubt?

Priester meiner Kirche haben massenweise im „Willen zur Macht“ Seelenmord begangen, sie haben sich vergangen an den Wehrlosesten, unseren Kindern, auf abscheuliche Art und Weise. Wer mag sich das Leid der Kinder vorstellen, die – vom Täternetzwerk mit einem Kreuzanhänger markiert, wie in den USA geschehen – von einem grinsenden Priester-Freier zum nächsten weitergegeben wurden? Wer mag sich das Leid einer Mutter vorstellen, die diesen Priestern vertraut hat und das Kostbarste, was sie hat, in ihre Obhut gegeben hat?
Ja, ich bekenne mich schuldig: Ich gehöre zu dem „Wir“, das unser Papst meint: Wir sind schuldig geworden, weil wir Katholiken sind.

Die Schuld der Priester, die Schuld der Kirche, unsere Schuld ist archaisch, sie ist elementar und unvergleichlich, sie ist fundamental, denn die Taten versündigen sich grundsätzlich, denn sie behaupten, dass das Recht des Stärkeren das Prinzip ist, nach dem diese Welt tickt: Das Helle und Heilige, der Schutz des Lammes vor dem Wolf, wurde in sein Gegenteil verkehrt. Wie damit umgehen? Sicher sind wohlgemeinte „Studien und Forschungsprojekte zur Aufarbeitung“ oder eine hilflose bischöfliche Rhetorik, die für das Unbenennbare mit synodaler Verwaltungssprache antwortet, keine adäquaten Reaktionsmöglichkeiten. Stattdessen muss die Stille des Entsetzens ausgehalten werden. Und dann müssen wir Buße tun, eine Buße, die so fundamental und elementar ist, wie es die Taten der Kirche waren. Bischof Stephan, hier müssen Sie uns Hirte sein!

Luise Battenberg, Trier

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