Katholische Kirche In den Knast mit ihnen – das wäre fair

Zu den Leserbriefen von Gisela Palm und Martha Lehnertz unter der Überschrift „Wir müssen es klar benennen“ (TV vom 17. Oktober) schreibt Peter Trauden:

Etliches sehe ich genauso wie Frau Palm. Kindesmissbrauch ist ein schreckliches Verbrechen. Es sollte übrigens – genau wie bei Mord – keine Verjährungsfrist dafür geben. Dass der große, überwiegende Teil der kirchlichen Amtsträger und die sogenannten Laien gute, emphatische, vertrauenswürdige Menschen sind, bezweifle auch ich nicht. Sie haben meine volle Anerkennung, und wo sie Unterstützung brauchen, sollte man sie ihnen geben.

Dennoch bin auch ich einer, der vor Jahren schon der Institution Kirche den Rücken gekehrt hat. Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht und brauchte Jahre der Überlegung und Abwägung. Frau Palm findet Menschen, die eine solche Entscheidung getroffen haben, unfair der Kirche gegenüber.

Was aber ist unfair?

Schon der erste Satz ihres Briefes kann so nicht stehen bleiben, wo sie behauptet „In der katholischen Kirche werden die Missbrauchsfälle aufgearbeitet und die Opfer entschädigt.“ Pardon, aber das stimmt so nicht. Die allermeisten Opfer können viele Jahre nach ihrem Unglück überhaupt erst darüber reden, fallen unter die Verjährungsfrist und können somit gar nicht mehr juristisch gegen ihre damaligen Peiniger vorgehen. Sie sind dem Wohlwollen der kirchlichen Entscheidungsträger ausgeliefert und werden – wenn überhaupt – mit lächerlichen Geldsummen abgespeist. Nach der letzten Bischofskonferenz stellte sich wieder einmal heraus, dass die Kirche peinlich bemüht war und ist, Missbrauchsfälle zu vertuschen, Akten verschwinden zu lassen oder nicht herauszugeben. Es wurde ausdrücklich vom Vorsitzenden der Konferenz festgestellt, dass niemand der kirchlichen Würdenträger eine persönliche Verantwortung übernehmen wird. Die Kirche genießt in Deutschland einen Sonderstatus, den man ihr endlich nehmen sollte. Es kann nicht zweierlei Recht in unserem Staat geben.

Nur ein Beispiel: Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Audi sitzt seit geraumer Zeit im Gefängnis. Zur Begründung hierfür diente der Staatsanwaltschaft der Verdacht der Verdunkelung von Straftaten und Beeinflussungsgefahr von möglichen Zeugen. Nun stelle man sich vor, für die Kirche gelte gleiches Recht. Ein nicht unerheblicher Teil der kirchlichen Führung säße nicht auf Bischofs- oder Kardinalsstühlen, sondern im Knast.

Das wäre fair.

Peter Trauden, Heilbach

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