In die Waden gebissen

Der TV schreibt von der "hochwertigen künstlerischen Leistung" eines Dirigenten Dénes, dessen Arbeit von "vielen sachkundigen Besuchern des Theaters sehr geschätzt wird", lobt ihn als "Wunder" und "kreativen Kopf mit reichlich Ideen und Plänen", insbesondere St. Maximin - die mit 27 Millionen Mark Renovierungskosten wohl weltweit teuerste Turnhalle - zu einem echten Konzertsaal der Region zu machen.

Dieser glanzvolle Dirigent also, der mit seiner Kreativität vieles entdeckt und ermöglicht und damit Publikum und Kritik erobert hat, der soll - wo der musikalische Garten im schönsten Flor steht - nach dem Willen von Orchesterfunktionären hinweggefegt werden. Der alarmierte Konzertbesucher sucht nach den Gründen und findet sich fälschlich und unfreiwillig selbst zitiert: "Das Publikum braucht einfach mal neue Perspektiven", meint ein Orchestervorstand. Stimmt, gilt aber nur für einige der fast unkündbaren Orchestermitglieder. Gleichgültig ob Dénes, Petersen oder Herwig Generalmusikdirektor war, das Orchester hat alle in die Waden gebissen. Gleiches hat sogar der berühmte Karajan erdulden müssen und liegt an dem vernachlässigten beruflichen Pflichtwert der Subordination. Vor Jahren hat mir mal der frühere 1. Konzertmeister Gil Shivek erzählt: "Ich habe alle Dirigenten gehasst, aber der Dénes, der hat was Geniales!" Anstatt sich narzisstisch von seinem Dirigenten abzugrenzen, sollte sich das Orchester besser an die vorzüglichen Spielzeiten erinnern. Und das ist es, was Identifikation schafft. Denn die emotionale Bindung zwischen dem Publikum einer Stadt und dem Musiktheater wächst vor allem über den Dirigenten. Dieser Aspekt wurde schon an vielen Häusern unter großen Verlusten vergessen. Rainer Hülsmann, Trier

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort