Gesundheit In Hektik herbeigepfuscht

Zum Interview „Gesundheitsschutz steht nicht über dem Datenschutz“ (TV vom 12. Januar) schreibt Christian Bauer:

Das Interview mit dem Landesdatenschutzbeauftragten Dieter Kugelmann zeigt die Arroganz und bornierte Ignoranz dieser Gruppe von Datenschutzfetischisten, die anscheinend vollständig in ihrer Blase leben. Während der gesamten Pandemie stellte sich eigentlich nie die Frage, ob Grundrechte eingeschränkt werden, sondern welche.

Die Datenschutzbeauftragten haben diese Abwägung aber nie vorgenommen, sondern immer nur auf der Bedeutung des Datenschutzes beharrt und damit Leben und Existenzen gefährdet. Bereits im Frühjahr war abzusehen, dass die App in der vorliegenden Form nicht funktionieren wird, da ohne jegliche Form von Anreizen die freiwillige Nutzung dieser umständlichen App nicht angenommen würde.

Demokratien in Südostasien (nicht China & Co.) zeigen, dass eine effiziente App, die für den Besuch von Gaststätten, Geschäften und Veranstaltungen verpflichtend wäre, eine Abdeckung von weit über 95 Prozent erreichen würde und zur Zeit für 7-Tage-Inzidenzraten im einstelligen Bereich sicherstellen (zum Beispiel Südkorea). Staatlich bereitgestellte Althandys für alle Bedürftigen würden weniger kosten als der Lockdown pro Tag.

Natürlich gefällt mir eine zentrale Speicherung von Bewegungsprofilen nicht. Innerhalb unseres Rechtsstaats hätte ich jedoch nicht halb so viele Bedenken wie bei den aktuellen massiven Grundrechtseinschränkungen, da der Zugriff nur nach richterlicher Anordnung in Einzelfällen möglich wäre, so wie ja auch Wohnungen oder Personen im besonderen Fall rechtlich einwandfrei durchsucht werden dürfen. Mögliche Einschränkungen des Datenschutzes (beim richterlich angeordneten Zugriff) von wenigen sollten hinter den massiven tatsächlichen Einschränkungen aller zurückstehen. Kugelmanns Ausreden sind reine Polemik und dienen nur der Verschleierung des eigenen Fehlverhaltens sowie des Versagens der politischen Entscheider. Und ganz aktuell spielen wir dasselbe dämliche Spiel noch mal und ruinieren die Bildung unserer Kinder und die Motivation der vielen engagierten Lehrkräfte. Anstatt bestehende, sehr gut funktionierende Massen(!)onlinekommunikationstools zu nutzen, werden die Lehrer und Schüler gezwungen sich in neue, in Hektik herbeigepfuschte (da nicht auf Massenbetrieb ausgelegt) Systeme einzuarbeiten, die dann gar nicht funktionieren – nur um den Datenschutz beim Streamen einer Unterrichtsstunde sicherzustellen! Dabei wurde und wird so viel Energie und Motivation auf beiden Seiten verschwendet, dass die Nachwirkungen größer sein werden als die paar nicht ordentlich ablaufenden Wochen. Aber dererlei Banalitäten interessieren die hochschwebenden Kugelmanns nicht.

Christian Bauer, Trier

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