Individuell fördern

Jedes Mal, wenn es heißt, es gebe eine Folgestudie des Pisa-Tests, denkt man in Fachkreisen "unser Schulsystem ist schlecht" und kommt damit zum Folgeschluss "unsere Lehrer sind schlecht ausgebildet".

Beide gehen angeblich nicht genug auf die individuelle Förderung der Schüler ein. Doch dies liegt nicht ausschließlich am Schulsystem und der Lehrerbildung, sondern geht vor allem auf die zunehmende und für das Land kostengünstigere Klassengröße zurück. In Rheinland-Pfalz liegt laut Ministerium die optimale Klassengröße bei 30 Schülern. Das heißt, erst wenn es mehr sind, wird die Klasse geteilt. So kann es vorkommen, dass es Klassen mit durchschnittlich bis zu 27 Schülern gibt. Es ist doch zu überlegen, wie es ein Mathematiklehrer in 45 Minuten schaffen soll, allen 27 Schülern ein schwieriges mathematisches Problem zu erklären. Dabei muss man weiterhin bedenken, dass mindestens ein Drittel der Schüler nicht überaus großes mathematisches Talent besitzt und das behandelte Problem nicht so schnell versteht wie der Rest der Klasse. Es bedarf also weiterer Erklärungen des Lehrers. Doch wie kann sich der Lehrer diesen Schülern widmen - mit den anderen wartenden Jugendlichen im Rücken? Warum verkleinert man nicht einfach die Lerngruppen? Warum beschränkt das Kultusministerium nicht einfach die Zahl der Schüler pro Klasse auf etwa 24? In kleineren Gruppen kann man besser auf die individuellen Probleme eines jeden Schülers eingehen. Doch diese Maßnahme würde eine Unmenge an neuen Lehrern bedeuten, die neu eingestellt werden müssten, da mehr Klassen unterrichtet werden müssten. Das sind Kosten, die das Land nicht übernehmen möchte. Offenbar ist es bequemer zu sagen, dass die Lehrer und das Schulsystem die Schuld hätten. Es wäre peinlich zu sagen, dass die individuelle Förderung der Zukunft unserer Kinder zu teuer ist. Martin Ballmann, Fleringen, Schüler am Regino-Gymnasium in Prüm

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